Social Bookmarks:
Nun ist es doch mehr als eine Woche geworden. Ich muß mich entschuldigen - ich hatte heimatlichen Besuch in Berlin, der mich etwas in Anspruch genommen hat...
Ich möchte zum Thema zwei Aspekte nochmal vertiefen:
1. Die wiederholten Aussagen zu Schuld und Unschuld von Form, Raum, Material halte ich eigentlich nicht für relevant bzw. ich habe den EIndruck, sie bringen uns nicht wirklich weiter. Es geht nicht um Schuldzuweisungen. (@PFU: Das Form und Raum nicht gleichzusetzten sind sehe ich absolut genauso, da hast Du mich falsch verstanden). Mir ist schon klar, daß der gewollte Raumausschitt (Schmarsow) sicher eine "aktivere", künstliche Rolle übernimmt, während die Form dem Ursprung nach eher eine "passive" Angelegenheit zu sein scheint. In Bezug auf die Architektur ist sie aber genauso gewollt wie der Raum und damit "moralisch" gleichwertig, wobei - wie gesagt - dies für mich eben keine Frage der Moral sondern des objektiven Empfindens bleibt.
Objektivität erreiche ich nicht allein, indem ich meine ästhetischen Ziele mit meinem ästhetischen Empfinden vergleiche - nach dem Prinzip je höcher die Übereinstimmung, desto mehr Qualität. Vielmehr wäre die Frage für diesem Aspekt (ich beschränke mich jetzt mal auf die Ästhetik, gleiches ist aber natürlich auch für die vielfach erwähnten interdisziplinären Bereiche anzuwenden) herauszufinden, welche Erwartungs- und Empfindungsmechanismen denn "allen" (Ausnahmen gibt es natürlich immer...) gleich sind. PFU erwähnte z.B. den Glodenen Schnitt. Es gibt Studien die belegen, daß die meisten Menschen intuitiv ein Rechteck mit den Seitenvehältnissen des Goldenen Schnitts als das best proportioierteste auswählen würden (natürlich ohne es zu wissen). Genauso gibt es Studien zu Wahrnehmungsmechanismen des Auges, die für alle Menschen gelten, z.B. das es unserem Gehirn ausreicht einen Raum zu sehen, der aus nur drei aufgestellten Wänden besteht, weil die vierte Wand im Rücken steht und wir uns die Decke automatisch dazudenken.
Solche Mechanismen kann man bewußt einsetzten, z.B. ist das Dach der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe keineswegs gerade, es ist leicht geschwungen (übrigens auch die antiken griechischen Tempel). Für unser Auge erhält es dadurch aber eine besondere Perfektion.
Auch für gefühlte Temperaturen gibt es solche Werte, die im allgemeinen als besonders angenehm empfunden werden.
Wie auch immer, das sind natürlich nur winzige Teile eines komplexen Puzzels, die den Gesamteindruck ausmachen. Solche Gegebenheiten sind in der Regel nicht federführend in der "objektiven" Beurteilung, wenn sie aber überhaupt nicht berücksichtigt werden, scheitert das Ergebnis oft schon an diesen "Kleinigkeiten".
Das Problem mit diesen "objektiven" Meßwerten und Mechanismen ist aber auch, daß man dazu neigt, sie als einzige Kriterien für die Architektur zu sehen und dann einfach "nach Neuffert & Co." alle Bauvorschriften etc. abarbeitet und die übergeordnete architektonische Idee aus dem Auge verliert.
Wenn man aber den Anspruch erheben will, objektive qualitative Architektur zu entwickeln, müsste man vielleicht folgende These aufstellen: Je höher die Übereinstimmung meiner ästhetischen Ziele mit dem Empfinden des durchschnittlichen Betrachters/ Nutzers, desto höher die objektive Qualität.
Irgendwie widerstrebt es mir aber, Architektur auf diese kurze Formel zu reduzieren. Verbesserungsvorschläge sind gefragt!
Und weil ich ständig unterbrochen werde in meinem Versuch, meine Gedanken zu sortieren, habe ich den zweiten Punkt, den ich noch detailieren wollte, glatt vergessen. Vielleicht fällt es mir ja später wieder ein ;-).
Auf in die nächste Runde!
Mit sonnigsten Frühlingsgrüßen aus Berlin :-)
Samy |