Heute abend kann man es in allen Nachrichtensendungen vernehmen:
"Die deutsche Wirtschaft wächst wieder" und die Prognosen ziehen sofort an. Die gute Entwicklung in der Baubranche mit den besten Zahlen seit 5 Jahren ist mitverantwortlich für den neuen Aufschwung. Es sieht so aus, als könnte es mit Deutschland und vor allem mit dem Bausektor nach langer Durststrecke wieder aufwärts gehen.
Quelle: Spiegel
Jetzt mal ehrlich: Wer glaubt's denn wirklich??
Klar, solche Nachrichten hören sich ermutigend an und auf positive Signale hoffen wir schon seit Jahren, aber wenn ich mich als unmittelbar Beteiligter in der Baubranche umsehe, dann kann ich nur vor zu großer Euphorie warnen. Diese Erholung, diesen leichten Aufschwung, welchen wir jetzt erleben ist nur die kleine Anhöhe vor dem nächsten, noch tieferen, Tal.
Die Belebung am Baumarkt, die nun öffentlich gepriesen wird, ist aus meiner Sicht nur durch vorgezogene Investitionen und Maßnahmen zustande gekommen. Gerade im Sektor für private Baumaßnahmen wurden viele Bauvorhaben, die sich unter normalen Umständen auf die nächsten 2 bis 3 Jahre verteilt hätten, dieses Jahr vorgezogen. Gründe hierfür waren der endgültige Wegfall der Eigenheimzulage und die lange angekündigte Mehrwertsteuererhöhung zum Jahreswechsel. Außerdem steigen auch die Kapitalzinsen wieder seit einigen Monaten und machen Baudarlehen wieder zunehmend unattraktiver.
Das im gewerbliche Bereich die Investitionen in den Bau wesentlich gestiegen sein sollen, kann ich mir ebenfalls kaum vorstellen, weil vielerorts Büroflächen und (Produktions-, Lager-) Hallen leerstehen und oft günstig zu mieten oder zu kaufen sind. Aus öffentlicher Hand sind ebenfalls wenige Investitionen zu erwarten, weil die Finanzlöcher der letzten Jahre nach wie vor klaffen. Aus meiner Sicht wird gerade das kommende Jahr 2007 ein sehr "dürres" Jahr für die Baubranche in Deutschland und alle Beteiligten (auch für die Architekten) werden. Gerade die kleineren bis mittleren Architekturbüros, die noch verstärkt auf private Kundschaft angewiesen sind, werden wohl noch kleinere Brötchen backen müssen.
Also bevor jetzt die ersten Optimisten einen neuen Bauboom propagieren und die Erstsemesterzahlen in den Fächern Architektur und Bauingenieur-wesen explodieren, empfehle ich einen gepflegten Pessimismus.