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mika
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mika: Offline

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Datum: 15.06.2008
Uhrzeit: 15:22
ID: 29078



AW: Was können wir überhaupt noch (Bsp Baukonstruktion) #6 (Permalink)
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Aber auch wenn Du einen guten Lehrstuhl hast, musst Du Dir dieses Wissen selber aneignen.
An der TU-Berlin, gab's im Grundstudium einen Bauko-Entwurf, in dem wir zusätzlich zu den Besprechungen mit den Entwurfsassitenten auch Besprechungen mit den Assistenten von TWL (Tragwerkslehre), Gebäudetechnik, Klimatechnik etc. hatten. Die haben uns dann gesagt, was man berechnen könnte. Mittels Vorlesungen und Skripts waren wir imgrunde schon darauf vorbereitet, und die Assistenten haben uns dann Fragen, zu den Berechnungen und Auslegungen beantwortet.
Im Hauptstudium war's dann ganz ähnlich. Der Entwurf ging dann aber über zwei Semester. Erst im zweiten kamen dann die rechnerischen Nachweise in Betreuung der Fachdisziplinen. Im ersten Semester des Entwurfs fand die Betreuung vornehmlich mit den Entwurfsassistenten statt, die aber selber dann schon mehr Augenmerk und Wert auf eine fundierte Vordimensionierung - ohne rechnerischen Nachweis - legten. Da kam es mehr auf Erfahrungswerte an, die, wenn man sie nicht hat, durchaus aus dem Studium von Fachliteratur beziehen kann.
Mir selbst kam da meine vorherige Ausbildung entgegen, aber auch der gute Kontakt zu einem der TWL-Assistenten, Rüdiger Ihle, den ich an dieser Stelle mal lobend erwähnen möchte.

Im Büro läuft es nachher ganz anders. Du entwirfst etwas basierend auf Erfahrungswerten, gefühltem Wissen oder Referenzprojekten. Dann oder wenn Du über nichts von dem verfügst, rufst Du Firmen an, die Produkte für die jeweiligen Bauteile oder Baugruppen herstellen, und bittest einen Berater von denen zu Dir, um Dich dahingehend zu beraten, ob das geht, was Du willst. Oder Du hast bereits eine ausführende Firma für das aktuelle oder ein vorheriges Projekt, das positiv verlaufen ist. Dann fragst Du die. Erst, wenn dass alles nichts bringt, fragst Du um die Erlaubnis einen Fachplaner einzuschalten, der Dich dann dazu berät. Das hat alles mit Geld zu tun. Geld für Verantwortlichkeit oder Geld für Zeit. Denn man hat leider nie die Zeit, sich so eingehend selbst mit den Dingen zu befassen, als dass man all die heutzutage benötigten Zahlen selber liefern könnte. Und darum geht es heute leider immer: Zahlen und viel es kostet, diese Zahlen zu erreichen. Gestaltung ist da eher die Kür denn die Pflicht.
Das ist heutzutage ein zentrales Problem der Architektur. Zeitdruck, Geldmangel und die Dominanz der nachzuweisenden Zahlen.

Um mal ein Beispiel zu bringen: Brandschutz. Eigentlich gut und unabdingbar, aber wenn Du ein Produkt A mit einem Produkt B kombinieren willst, und es für Produkt A und Produkt B eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung vorliegt, aber nicht für die Kombination von beiden, geht es nicht, es sei denn Du läßt einen Nachweis im Einzelfall erstellen, was kaum ein Bauherr bereit ist mitzumachen. Man ist also gefangen in lauter geschlossenen Systemen.
Ähnlich ist es in der Akustik. Es geht nur, was bereits vorher ein mal gebaut und geprüft worden ist. Ist das nicht der Fall musst Du bzw. letztlich der Bauherr es bauen und prüfen lassen, und gegebenenfalls nachbesseren, oder auf die Einhaltung von Schallschutzanforderungen verzichtet, was er unter Umständen gar nicht kann, wenn z.B. Arbeitsstätten Richtlinien betroffen sind. Akustiker lassen Dich da als Architekt gerne im Regen stehen, und verweisen lediglich auf Einhaltung der Anforderungen, und teilen Dir lediglich mit, dass der von Dir gewählte Aufbau, nicht nachweisbar ist. Der Bauherr andererseits, verlangt aber, dass er nicht mehr als nötig bezahlt. Wenn Du also etwas bauen ließest, was eigentlich Rw 57dB erreichen soll, und Du aus Vorsicht für 10.000€ mehr etwas bauen ließest, was dann aber Rw 63dB erreicht, wird der Bauherr Dich fragen, warum es nicht möglich war, etwas für nur 2000€ mehr zu bauen, was Rw 57dB erreicht hätte.
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Grüße Michael

"Warum soll etwas nicht so gut wie möglich sein ?"
Ludwig Mies van der Rohe, 1964

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