AW: Bolognareform - Auswirkungen im Architekturstudium
# 3 ( Permalink)
Social Bookmarks:
Hallo Florian,
das passende Thema zum heutigen Tag. Und es wird uns noch eine Weile verfolgen. Als einen überzeugten Mittäter bei der Umsetzung von Bologna berührt mich das besonders.
Heute kam eine Protestgruppe von Studierenden in meine Projektveranstaltung und skandierte: "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut". Wer würde sich nicht über solchen Bildungshunger freuen?
Zur Sache: Es gibt ganz sicher Unterschiede zwischen einzelnen Hochschulen und Hochschultypen. Fachhochschulen haben es leichter, ein Bachelorprogramm im Sinne des Erfinders so aufzubauen, dass am Ende eine Berufsqualifikation heraus kommt. Schließlich hatten sie seit Beginn der 70er und bis Mitte der 90er-Jahre 6-semestrige Studiengänge, die gut funktionierten und sinnvoll aufgebaut waren. Applied Sciences ist halt doch etwa anderes als Sciences pur.
Schwieriger stellt es sich schon an den Universitäten dar. Soll man bei Architektur und Bauingenieurwesen die Grundlagenfächer zum Vordiplom soweit einschmelzen, dass man bis zum 6. Semester noch irgendetwas beruflich unmittelbar Brauchbares draufpacken kann? Ich denke, das kann nichts werden. Die Forderung, bei Ingenieurstudiengängen dieser Art fundiertes Grundlagenwissen, direkten Anwendungsbezug und einen berufsqualifizierenden Abschluss in 6 Semestern zu vereinen, ist unrealistisch.
Besser wäre schon ein 8-semestriger Bachelor. Wenn man aber konsekutive Studiengänge bei 10 Semestern deckelt, bleibt nur Platz für einen 2-semestrigen Master. Ein lächerliches Format.
Was also soll, was kann Hochschulpolitik?
- Die Forderung, der Bachelor-Abschluss müsse berufsqualifizierend sein, kann nicht ohne jeden Bezug zu Fachgebiet und Hochschultyp aufrecht erhalten bleiben.
- Die Deckelung bei 10 Semestern für konsekutive Studiengänge sollte aufgehoben werden. Die Studienpraxis kümmert sich ohnehin nicht darum.
- Bei Studiengängen, wie z. B. Architektur, wo ein 8 bis 10-semestriges Studium eine Voraussetzung für den Berufseinstieg ist (siehe Europäische Architekten-RL und die UIA-Charta für die Ausbildung von Architekten), sollte die Aufnahmekapazität der Masterstudiengänge nicht künstlich beschränkt werden.
Ein Sonderproblem stellt sich bei den „kleinen“ Architektur-Fachgebieten, den Stadtplanern, Landschafts- und Innenarchitekten. Die Bauministerkonferenz meinte 2005, hierfür genügten 6-semestrige Studiengänge. Das gäbe aber einen extra Thread.
__________________ Wolfgang Ziegler |