Social Bookmarks:
Hallo,
mein Wissenstand nach intensivster Recherche ist ein anderer:
Die Anforderungen beziehen sich bei einer Überschreitung der Bagatellgrenze dann nur auf die zu sanierenden Fläche.
Das deutsche Institut für Bautechnik schreibt dazu: „§ 9 Abs. 4 EnEV 2007 enthält einen bezüglich der Art des Bauteils differenzierten Flächenanteil, bei dessen Überschreitung die Anforderungen des Absatzes 1 oder 3 zu beachten sind. Wie ist dabei mit Dächern und unteren Gebäudeabschlüssen zu verfahren, für die hinsichtlich der
“Bagatellregelung“ § 9 Abs. 4 Nr. 2 EnEV gilt?
a) Was ist unter „jeweilige Bauteilfläche“ nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 zu verstehen, wenn der obere Gebäudeabschluss aus verschiedenen geometrisch voneinander getrennten Dachflächen
besteht? Ist der 20 %-Anteil auf die einzelne Fläche oder auf die Gesamtheit der Flächen zu
beziehen?
b) Inwieweit gelten die Anforderungen von § 9 Abs. 3 bei Überschreiten der Bagatellgrenze für
die restliche nicht betroffene Bauteilfläche?
Antwort:
1. Die Bagatellgrenze des § 9 Abs. 4 EnEV 2007 soll den Bauherrn vor unverhältnismäßigem Planungs- und Modernisierungsaufwand bei kleinen Instandsetzungen schützen. Bei Dächern ist im ersten Schritt festzustellen, inwieweit die wärmetauschende Hüllfläche von einer Änderung betroffen ist. Bei Dächern (oder auch Terrassen über beheizten Räumen) sind nur die
Flächen von § 9 Abs. 1 oder 3 EnEV 2007 betroffen, die auch Teil der wärmetauschenden Hüllfläche sind. Der in der Verordnung genannte Anteil von 20 % bezieht sich lediglich auf diesen Anteil.
2. …
3. Zu der Frage, inwieweit die Anforderungen von § 9 Abs. 3 EnEV 2007 bei Überschreiten der Bagatellgrenze für die restlichen nicht betroffenen Bauteile gelten, hat die Fachkommission Bautechnik bereits eine Auslegung beschlossen und veröffentlicht. Danach gelten die Anforderungen nur für die von der jeweiligen Maßnahme betroffene Bauteilfläche.“ .“ (DIBT,Dr. Justus Achelis, Aus-legung zur Energieeinsparverordnung,Staffel 9 S. 22)
Weiter unten schreibt das DIBT: „Unter dem Begriff „jeweiliges Bauteil“ ist das jeweilige für sich geometrisch abgeschlossene Bauteil zu betrachten. Die Verordnung differenziert im § 9 Abs. 4 Nr. 2 nicht nach bestimmten Ordnungsmerkmalen. Es soll nur die Fläche betrachtet werden, die für eine Änderungsmaßnahme ansteht. Bei Gebäuden mit verschiedenen räumlich getrennten Dach- bzw. Terrassenkonstruktionen ist jedes Bauteil für sich zu betrachten. Nur eine geometrisch zusammenhängende Dach- oder Terrassenfläche ist als gemeinsames Bauteil zu betrachten.“ (DIBT,Dr. Justus Achelis, Auslegung zur Energieeinsparverordnung, S. 22)
Das DIBT spricht in diesem Fall von der EnEV 2007. Das Wirtschaftlichkeitsgebot, auferlegt von der EU, gilt aber auch für die EnEV 2009. Als ich diesen Text verfasst habe, gab es allerdings noch keine aktualisierte Auslegungsstaffel
Saniert man aber nur die Schadensfläche energetisch entsprechend den Anforderungen der EnEV und belässt den restlichen Teil der Außenwand im Urzustand, schafft man sich eine konstruktive Wärmebrücke und erhöht nicht nur das Schimmel-befallrisiko, sonder unter Umständen auch den Energieverlust. Gemäß §11 (1) EnEV 2009 dürfen Außenbauteile nicht in einer Weise verändert werden, dass die energe-tische Qualität des Gebäudes verschlechtert wird.
Im Gegensatz dazu erlaubt die EnEV 2009 im §25 (1) Befreiungen, soweit die Anforderungen „im Einzelfall wegen besonderer Umstän-de durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilli-gen Härte führen.“
Die Wirtschaftlichkeit ist eine Kernforderung der EU zur Umsetzung von Energieeinsparmaßnahmen. Beachte hierzu auch das EnEG (als Vorraussetzung für die EnEV) § 5, Abs. 1 und 2 (1) Die in den Rechtsverordnungen nach den §§ 1 bis 4 aufgestellten Anforderungen müssen nach dem Stand der Technik erfüllbar und für Gebäude gleicher Art und Nutzung wirtschaftlich vertretbar sein. Anforderungen gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Bei bestehenden Gebäuden ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen.
(2) In den Rechtsverordnungen ist vorzusehen, dass auf Antrag von den Anforderungen befreit werden kann, soweit diese im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.
Meiner Meinung nach müssen bei ein Überschreitung der Bagatellgrenze aufgrund unzumutbarer Härte nicht alle Fenster des Gebäudes energetisch auf EnEV-Niveau gebracht werden, sondern nur die von der Sanierung betroffenen.
Alles andere wäre wirtschaftlich nicht vertretbar und nach Meinung des DIBT auch nicht gefordert.
In meiner Energieberaterausbildung habe ich was anderes gelernt. Diese Überzeugung hat sich mittlerweile als falsch erwiesen.
Gruß
--
Blumenschein |