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Hamburg74
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Hamburg74: Offline


Hamburg74 is on a distinguished road

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Datum: 03.07.2014
Uhrzeit: 11:20
ID: 52954



AW: BUV Versorgungswerk + private BUV? #14 (Permalink)
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Hallo zusammen,

es ist im Grunde schon fast alles zu diesem Thema geschrieben worden, aber ich wollte hinsichtlich der Notwendigkeit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nur noch einen Fall schildern, der deutlich macht, daß das Versorgungswerk allein nicht ausreicht in bestimmten Fallkonstellationen.

Es handelt sich um einen Architekten im Versorgungswerk, der sich Ende der 90er scheiden lassen hat von seiner Ehefrau, es begann ein gigantischer Rosenkrieg um Haus und die zwei Kinder. Zu der Zeit hat er ein Planungsbüro mit ca. 10 Mitarbeitern gehabt, das hervorragend lief. Durch den Streß im Rahmen der Trennung ist er im Laufe der Zeit an Depressionen erkrankt, was sich auch im Job bemerkbar gemacht hat, er konnte die Aufträge nicht mehr in gewohnter Qualität abarbeiten, die Umsätze sind rapide gesunken, daraufhin mußten auch einige Mitarbeiter entlassen werden. Am Ende hat er dank seines behandelnden Arztes auf die Notbremse getreten und ist zum Psychologen gegangen, der ihm dringend angeraten hat, nur noch maximal 5 Stunden am Tag zu arbeiten. Das Versorgungswerk hat klipp und klar die Leistung verweigert, da eben leider keine 100 % Berufsunfähigkeit vorlagen und er wollte auch gar nicht seinen Beruf endgültig an den Nagel hängen und sein Lebsnswerk aufgeben, schließlich hat er auch Verantwortung für die Mitarbeiter gehabt. Er hat dann aus einer privaten BU-Versicherung mehrere Jahre eine BU-Rente bekommen, das Büro konnte mit nochmals reduzierter Mannschaft "gerettet" werden und er hat dann bis vor 1 Jahr noch erfolgreich und wieder in Vollzeit weitergearbeitet, nachdem die psychologische Behandlung zu Ende gebracht wurde.

Ich denke, es ist generell sehr schwer, die 100 % Berufsunfähigkeit zu erreichen. Es gibt da auch noch ein Urteil, was eine Menge aussagt:

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Saarlouis müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Architekt Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente hat (Beschluss vom 4.3.2010, Az: 3 A 341/09):

a. Berufsunfähigkeit liegt danach nicht schon dann vor, wenn ein Architekt seine bisher ausgeübte Architektentätigkeit nicht mehr fortführen kann. Es muss vielmehr so sein, dass der Architekt keine der im Baukammerngesetz genannten Berufsaufgaben mehr ausüben kann. Dazu zählen unter anderem die Beratung, Betreuung und Vertretung Anderer in den mit der Planung und Ausführung eines Vorhabens zusammenhängenden Angelegenheiten sowie die Überwachung der Ausführung gehören. Berufsunfähigkeit ist folglich erst dann anzunehmen, wenn dem Architekten jedwede Tätigkeit der dort beschriebenen Art zur Einkommenserzielung nicht mehr möglich ist.
b. Berufsunfähigkeit setzt außerdem voraus, dass die gesundheitliche Einschränkung von Dauer ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn in einem überschaubaren Zeitraum begründete Heilungsmöglichkeiten gegeben sind. Dabei sind erfolgversprechend und zumutbar nicht nur solche Therapieansätze, denen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Heilung oder deutlichen Besserung innewohnt, sondern auch solche Maßnahmen, die eine nur unterdurchschnittliche, aber nicht völlig unbedeutende Erfolgsprognose versprechen. Das Prinzip gemeinschaftlicher Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bringt für den Einzelnen die Verpflichtung mit sich, alle ihm möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um durch baldmögliche Wiederherstellung seiner Berufsfähigkeit die Belastung der Versichertengemeinschaft gering zu halten. Danach liegt keine Berufsunfähigkeit auf Dauer vor, solange noch bestimmte nicht wahrgenommene Behandlungsmöglichkeiten bestehen, die nach medizinischen Erkenntnissen eine Besserung erwarten lassen, so das OVG.

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