Es gibt schon Schadensfälle, v.a. beim Thema Durchstanzen, und natürlich bei Erbeben, die sind in Deutschland natürlich nicht so präsent. Balkone stürzen immer wieder ab, etc. Die meisten Gebäude halten, weil sie nicht bis zum letzten mm2 Bewehrung ausgereizt wurden. Auch damals nicht.
Die Normen haben sich gerade im Bereich Erdbebenbemessung auch in den letzten Jahrzehnten noch kontinuierlich verbessert. Ansonsten wurden meines Wissens nach nur Gebrauchstauglichkeitsprobleme behoben. Mehr Bewehrung in der Decke führt z.B. zu geringerer Langzeitdurchbiegung. Weniger Risse sind auch praktisch.
Ich stimme dir absolut zu, alles muss hinterfragt werden. War bei mir im alten Büro so Usus - die Normen galten da als Richtwerte oder Hilfsmittel, nicht als heiliges Gesetz. Die Chefs haben bei deren Erstellung zum Teil auch mitgewirkt. Die haben in ihrer Lehrzeit noch mit dem Rechenschieber gerechnet - Weniger rechnen, mehr denken, war das Motto. Was ich sehr gut finde. Eben anstatt einfach mal das komplette Gebäude ins FEM-Programm einzugeben und sich die Bewehrung ausgeben zu lassen. Die Normen sind nicht das Problem, sondern es fehlt am Verständnis der statischen Systeme.
Dass die Tragwerke immer teurer werden - falls das der Fall ist, was ich nicht weiß - könnte das aber auch daran liegen, dass die Architekten immer ausgefallenere Entwürfe anbringen und der Statiker schauen muss, wo die Schwerkraft bleibt. Habe nichts dagegen - so bleibt es auch für uns spannend
Aber dann braucht es halt ein Paar mehr Tonnen Stahl. Deine Empfehlung mit der Baustelle möchte ich auch jedem jungen Architekten ans Herz legen.
Dass sich die Sicherheitsbeiwerte seit den 80ern so dramatisch erhöht hätten, dass das einen signifikanten Preisunterschied im Rohbau ausmachen würde, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Aber da kenne ich mich zu wenig aus.
Ich weiß nicht, was für Architektur du machst. Aber, was viele vergessen: es gibt auch bei den Ingenieurbüros extreme Unterschiede in der Qualität. Für den Standard-Wohnungsbau wirst du wahrscheinlich eher nicht die besten Statiker des Landes haben, sondern einen, der die Bewehrung der Decke einfach auf deinen Plan zeichnet, mit der Bewehrungsmenge "so wie wir es immer machen". Mein Ex-Büro hat dagegen durch intelligente Planung regelmäßig dem Bauherrn viel Geld erspart und dadurch das höhere Honorar vielfach wieder reingeholt. Manche Bauherren sparen da am falschen Ende.