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Francis: Offline
Beitrag Datum: 18.07.2006 Uhrzeit: 23:48 ID: 17065 | Social Bookmarks: Ich hab ja den Bücherthreat nicht ohne Hintergedanken gestartet ;-) Das Problem ist, dass ich das Gefühl habe, dass ich von Architekturtheorie zu wenig weiss. Ich kann eigentlich ganz gut Entwerfen (zumindest kamen meine Entwürfe im Studium und Büro immer ganz gut an ;-)) aber ich kann nie sagen, warum etwas wie sein muss, oder so und nicht anders. Als Beispiel: Freunde von mir bauen gerade. Ich hatte ihnen auch einen Entwurf fürs Haus als Geschenk gemacht, aber den haben sie natürlich nicht genommen. Sie haben einen eigenen gemacht als Laien, und den fand ich nicht so toll, abgesehen davon dass er ziemlich spiessig war (klar, meiner war ihnen zu architektonisch, aber er war trotzdem normal, hatte halt nur ein paar nette Ideen), war er architektonisch absolut nicht wertvoll. Da sind Sachen drin, die kämen weder bei meinen Profs noch bei meinen Komilitonen an. Und sowas kann ich eben dann nicht erklären, also wenn mich Laien fragen, warum was bei Architektur wie sein muss. Ich hab im Studium auch oft Freunde (Laien) zu meinen Entwürfen gefragt, und schon mal kamen dann Änderungsvorschläge. Bei vielen dieser Vorschläge musste ich dann sagen "Nein, das geht nicht" aber warum es nicht geht, konnte ich nie richtig erklären. Stellt euch einfach ein Gebäude vor, mit einer Mauer davor, und diese Mauer kann doch dann entsprechend zu dem Gebäude nur eine bestimmte Form haben. z,b, muss diese Mauer in einem Fall geschwungen sein, oder bis ins Gebäude führen, oder total hoch sein, aber es passt eben nicht alles. Es passt dann architektonisch eben nicht. Weil es einem Prinzip des Gebäudes nicht folgt, oder Form und Farbe falsch sind, aber mehr kann ich dann nicht sagen. Das passiert mir auch dauernd wenn ich mit Freunden Städtetouren mache. Sie sagen dann z.b. dass ein Gebäude total hässlich ist, und ich sage dann das es architektonisch wertvoll ist, weil ich es sehe, und vemutlich jeder andere Architekt (ob er es schön oder hässlich findet) auch für architektonisch wertvoll befindet. Aber ich kanns dann nicht erklären. Letztens hat mich jemand ernsthaft gefragt, warum man heute nicht eigentlich Krichen so baut wie früher (Romanik oder Gotik halt) die wären doch so schön! Klar sind die schön, aber man kann heute nicht mehr so bauen. Aber warum eigentlich nicht ?!? Wie erklärt man Laien Architektur? Wenn man selber spürt, dass etwas so sein muss und nicht anders sein kann, aber eben nicht in Worte fassen kann... |
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Piano: Offline
Beitrag Datum: 19.07.2006 Uhrzeit: 01:44 ID: 17067 | Social Bookmarks: Architektur Laien zu erklären ist ein Unterfangen ohne glückliches Ende. Wie soll jemand verstehen dass man es unbedingt so machen muss und nicht anders wenn die Leute keine Ahnung von der Thematik haben. Dann hat es auch keinen Zweck dort Überzeugungsarbeit zu leisten, in der Hinsicht, dass man sagt…. das geht…und das wiederum gar nicht, weil es architektonisch Unsinn ist. Es ist genauso wenn ein 5 Sterne Koch sagt was in eine gute Soße gehört, als Laie würde ich sagen, naja, das und das würde ich aber weglassen, ich bin mir sicher dass mir die Soße so nicht schmecken wird…und warum? Weil ich Meine Erfahrungen und Wünsche in meiner Soße vereint sehen will, denn die wandert schließlich in meinen Magen. Und dass sage ich auch, ohne die Soße jemals probiert zu haben, weil ich bei so einer wichtigen Sache auch mitsalzen will, es geht hier ja um meinen Magen…. Was ich damit sagen will ist….Ein Laie wird niemals zugeben, dass er von der architektonischen Idee vollkommen überzeugt ist, es geht um ein Haus, um viel Geld und um eine Zukunft darin. Da soll keiner das letzte Wort haben und mir vorschreiben wie mein Haus aussehen sollte. Ein Rezept dafür, wie man es am besten vermittelt dass das Konzept so richtig ist gibt es nicht. Ein Kunde bzw. Kundin hat nun mal keine Ahnung von Architektur, er/sie möchte nur etwas Anständiges zum Wohnen…Es kommt dann darauf an es auf einer Ebene zu vermitteln, die auch ein Laie versteht. Heutzutage ist Architektur weniger ein Kunstwerk (und Kunst hat trotz Kontroverse Bestand wenn sie gut ist) sondern mehr ein Geschäft, entweder du überzeugst deinen Kunden in einer Weise die er auch versteht oder er geht zum nächsten. Das nur mal nebenbei (Meine Meinung). Warum man Kirchen im gotischen Stil heute nicht bauen sollte, auch wenn es schön ist, ganz einfach,…wenn man Kirchen immer wieder im gotischen Stil baut dann dreht man sich die ganze Zeit im Kreis. Man kommt nicht voran. Klar ist es schön, trotzdem muss man sich weiterentwickeln. Wo wären wir heute wenn wir sagen würden, so, das ist vollkommen, was anderes soll nicht kommen. Na wahrscheinlich würden wir immer noch glauben die Erde sei flach. Einem Laien würde ich sagen…sieh mal…nehmen wir an die Gotik wäre die Mona Lisa. Was glaubst du, wäre das Gemälde heutzutage so begehrt und vor allem so Teuer wenn man nur noch Mona Lisas hätte….man weis es nicht, oder seh ich das falsch. Piano...! |
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Pat: Offline
Ort: aachen
Hochschule/AG: Dipl.-Ing Beitrag Datum: 19.07.2006 Uhrzeit: 01:47 ID: 17068 | Social Bookmarks: Hi, das gleche Problem wie Du, habe ich auch öfter. Ich weiß, das etwas so sein muss, kann es aber nicht erklären. Ein Prof von mir sagt immer. Sobald ein Architekt anfangen muss großartig etwas zu erklären, hat er versagt. Seine Zeichnungen oder Skizzen sprechen seine "Gedanken". Er sagt uns immer, je klarer die Zeichnungen oder Skizzen, desto weniger Fragen tauchen auf. Also ich glaube, das wir "Architekten" eine eigene Denkensweise haben, mit denen laien nichts anfangen können. Soetwas rüberzubringen, ist auch zhiemlich schwierig, da wir ja immer alles genau vor Augen haben und uns das genau vorstellen können. Architektur ist Kunst und Kunst ist oft einfach nicht zu erklären. Zudem nimmt jeder ein Gebäude/Objekt auch anders wahr als das, was man vielleicht als Architekt damit ausdrücken will. Letztendlich komme ich dann wieder auf den Satz von meinem Prof wieder. "Ein Gebäude spricht für sich und nicht der Architekt für das Gebäude" |
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noone: Offline
Beitrag Datum: 19.07.2006 Uhrzeit: 03:09 ID: 17069 | Social Bookmarks: Ich würde sagen, dass es nicht immer auf die Skizzen ankommt. Man kann noch so tolle Skizzen haben, eine Frage zu einem Detail oder Bauteil kann und wird immer kommen, und der Architekt muß lernen, seine Schritte immer begründen zu können, ansonsten steht er mit Antworten wie "hmmm weiß ich jetzt nicht, sagt mir mein Gefühl etc" immer unprofessionell da. Man kann immer alles erklären, prinzipiell funktioniert unsere Wahrnehmung über die Proportionen, darüber hinaus kann man so ziemlich alles über Form und Funktion erklären. Hat man mal was, mit dem man schwierigkeiten in der Herführunghat, kann man immer noch das Argument der konstruktiven Notwendigkeit bringen........ PS zur Architekturtheorie hat der Laie einen noch wchwierigeren Einstieg als zur Architektur selbst....... |
Social Bookmarks: Grundsätzlich gibt es eigentlich nie nur die eine "richtige" Lösung in der Architektur. Selbst bei einer scheinbar endlosen Kette von Bedingungen und Vorgaben können sich die "guten" Lösungen noch stark voneinander unterscheiden. Die persönliche Prägung des Planenden (Geschmack, Gefühl, subjektive Dinge) lässt sich nie ganz ausblenden und das ist auch gut so. Grundsätzlich sollte man seine Ideen und deren Herleitung erklären können und das in einer möglichst einfachen Sprache, die nicht nur von architektonischen Fachbegriffen strotzt. Einfach zu sagen:"Das muss so sein oder das Konzept erkennt man doch" reicht einem Laien als Erklärung nicht aus. | |
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Francis: Offline
Beitrag Datum: 19.07.2006 Uhrzeit: 11:45 ID: 17078 | Social Bookmarks: Naja, ich kann es schon erklärern, nur eben scheinbar nicht verständlich :-) Ist dann eher sowas wie "Die Mauer muss hier geschwungen sein, da sie dadurch die Form des Gebäudes wieder aufnimmt und ein Wegführungselement ist" oder "Die Mauer musste bis ins Haus stossen, da genau diese Mauer auch im Haus als Wandelement vorkommt" oder, "da musste jetzt ein hohes Element sein, sonst ist das Gebäude nicht im Gleichgewicht" und bei sowas wird man eben total unverständlich angeguckt... Das es immer unterschiedliche Meinungen gibt, hab ich öfters ja schon im Studium erlebt, bei meinem allerersten Entwurf war der Professor total begeistert, während der Assistent fassungslos daneben stand und meinte, dass er damit überhaupt nichts anfangen könnte ;-) Aber ich denke, dass es trotzdem schon bestimmte grundregeln gibt, die eine gute Architektur ausmachen, also wo irgendwie alle der Meinung sind, dass es jetzt gut ist. |
Social Bookmarks: Zitat:
Du weisst schon: Das Auge des Betrachters Aber Deine Erklärungen finde ich eigentlich ganz gut, aber trotzdem sind sie für einen Laien schwer zu bewerten....z.B. : Warum muss sich die Wand von drinnen, denn draussen wiederholen, etc.??? Es muss ja nicht alles richtig sein, was ein Architekt mir erzählt. | ||
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Tom: Offline
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Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 19.07.2006 Uhrzeit: 13:14 ID: 17081 | Social Bookmarks: Das Problem mit der Laien- und Expertenperspektive gibt es ja auch in anderen künstlerischen Disziplinen (z.B. Musik). Man muss sich einfach damit abfinden, dass man sich in unterschiedlichen Bezugsrahmen bewegt. Im besten Fall findet der Laie das gleiche gut wie der Experte - aber aus den "falschen" Gründen ... |
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Nightfly: Offline
Ort: Stuttgart Beitrag Datum: 24.07.2006 Uhrzeit: 22:18 ID: 17143 | Social Bookmarks: Materialgerechtigkeit ist ein gutes Wort, mit dem sich viel erklären läßt. Wenn jemand frägt, warum muß dies so und so sein und nicht anders, warum nicht geschwungen etc... Was auch ein guter Erklärungsansatz ist, ist die Tatsache, daß alles irgendeinen Sinn haben muß und dann erst "schön" ist, wenn es wirtschaftlich, funktional und letztendlich auch ästhethisch schön ist. "Schönheit" ist die Kombination aus allem, auch und vorallem aus dem was man (vorallem als Nichtarchitekt) erstmal nicht sieht. Ist Euch schonmal aufgefallen, daß wohl genau aus diesem Grund "normale" Leute Sichtbeton häßlich finden (weil grau) und Archis meistens voll drauf abfahren? Ich habe oft positive Erfahrungen gemacht wenn ich etwas mit diesen Mitteln erklärt habe. Letztens bspw. warum das Daimlermuseum toll ist, obwohls ja genug Kaufhäuser gibt die "genauso" aussehen. Wenn man dann erklärt, daß es hier auf allen Ebenen (Wegeführung, Ausstellungsinhalt) zu einem schlüssigen Ergebnis führt und letztendlich zu dieser Form und daß das das eigentlich schöne ist, verstehen das die meisten Laien. |
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Jochen Vollmer: Offline
Ort: Kassel Beitrag Datum: 27.07.2006 Uhrzeit: 16:37 ID: 17214 | Social Bookmarks: Um architektonische Entwürfe erklären zu können bedarf es eines allen Beteiligten verständlihen Ziels, das durch den Entwurf erreicht werden soll. Dieses Ziel ist von Aufgabe zu Aufgabe verschieden und steht im Zusammen- hang zum Zweck, zum Ort und zur Zeit. Bei einem privaten Wohnhaus geht es (möglicherweise) darum einen Raum anzubieten, in dem sich der Hausherr "zuhause" fühlt. Vielleicht geht es dem Hausherren aber auch zu einem starken Maße um Repräsentation seiner Person und gesellschaftlichen Stellung durch sein Eigenheim. Dieses Ziel variiert mit jedem Bauherren, mit der zeitlichen Entwicklung und den aus dem Ort begründeten Faktoren. Daraus resultiert ein "sinnliches Bild" oder ein "Stimmungsbild" welches auf nicht architektonische Weise das Ziel beschreibt. Der Entwerfer ist nun ge- fordert das Bild in Architektur umzusetzen. Dadurch, dass Bauherr und Entwerfer auf das gleiche Ziel hinarbeiten besteht eine gemeinsame Diskussionsbasis. Der Entwurf kann dann auf dieses Bild argumentativ zurückbezogen werden. Sicher wird sich das Ziel durch den Entwrufsprozess schärfen und das Bild in seinen Feinheiten anpassen.
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Jochen Vollmer: Offline
Ort: Kassel Beitrag Datum: 27.07.2006 Uhrzeit: 16:44 ID: 17216 | Social Bookmarks: Zitat:
zur Werbetrommel?
__________________ jochenvollmer.de | |
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noone: Offline
Beitrag Datum: 28.07.2006 Uhrzeit: 11:05 ID: 17224 | Social Bookmarks: Architektur ist doch im Kommerziellen Sektor DIE Werbetrommel! hier ein kleiner Artikel Beispiel Supermarktarchitektur dazu: 12.10.2004 Gebaute Markenidentität, Teil II: Supermärkte made in Austria Arcguide.de berichtet über herausragende "Supermarkt-Architektur" in Österreich. Nicht nur die Tiroler Supermarktkette MPreis (siehe auch unsere aktuellen "Lieblingslinks") setzt dort auf anspruchsvolle und individuelle Architektur, sondern auch eine Reihe weiterer Lebensmitteleinzelhändler. Ganz anders als in Deutschland gibt es in Österreich inzwischen diverse Betreiber von Supermärkten, die durch architektonische Qualität und durchdachte Gestaltungskonzepte den zahlungskräftigen "New Consumer" an sich zu binden versuchen. Der wirtschaftliche Erfolg bestätigt die These, dass sich auch hier die Investition in gute Architektur lohnt, weil die Markenidentität gestärkt wird. |
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Francis: Offline
Beitrag Datum: 28.07.2006 Uhrzeit: 13:27 ID: 17225 | Social Bookmarks: Das beschränkt sich ja meistens auf Edel-Marken wie Daimler, Audi, BMW (also Automarken sowieso) aber auch z.B. Prada. |
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Maller: Offline
Beitrag Datum: 05.08.2006 Uhrzeit: 02:56 ID: 17364 | Social Bookmarks: Ich bin ja froh dass Francis dieses Thema aufgemacht hat. Wenn ich geschrieben hätte "Architekten sind zu doof zum reden. Warum nur?" Hätte das wohl wieder etwas destruktiv geklungen... Hm, Etwas das man erklären will, muss man von außen betrachten können. Architektur arbeitet im besten Falle mit Räumen in denen sich Menschen befinden. Etwas in dem man sich befindet kann man nicht von außen betrachten und irgendwie auch schwer erklären... Ziemliches Dilemma würd ich mal sagen. Das hat uns jetzt weitergeholfen nicht wahr? |
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Tom: Offline
Ort: Rhein-Ruhr
Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 05.08.2006 Uhrzeit: 10:29 ID: 17365 | Social Bookmarks: Ja, Deine Analysen sind wahrlich von einer Erfurcht gebietenden Schärfe & Klarheit ... |
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