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faissal: Offline
Beitrag Datum: 14.03.2010 Uhrzeit: 00:26 ID: 38242 | Social Bookmarks: Hallo, ich schreibe eine Facharbeit bezüglich des Goldenen Schnitts im Raum Lüchow-Dannenberg (ein kleiner Ort in Niedersachsen/mein Wohnort). Ich habe schon einige Informationen sammeln können und Gebäude untersucht, die den Goldenen Schnitt enthalten. Nun bin ich am Ende meiner Facharbeit angelangt, in der es um die Frage geht, ob der Goldene Schnitt heutzutage noch angewandt wird und warum das Architekten machen (falls ja). Ich wäre auf jegliche Antworten sehr erfreut. Mit freundlichem Gruß, Faissal |
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Tom: Offline
Ort: Rhein-Ruhr
Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 14.03.2010 Uhrzeit: 15:25 ID: 38246 | Social Bookmarks: Diese klassischen Proportionslehren haben stark an Bedeutung verloren, weil der heutigen Architektur-Ästhetik nicht mehr die Ideale einer universellen Harmonie zugrunde liegen, die man mit objektiv-geometrischen Methoden herstellen kann. In der Renaissance wurde der Goldene Schnitt zwar in der Theorie gefeiert (Luca Pacioli: De divina Proportione), in der Praxis aber weit seltener eingesetzt als behauptet (Lionel March: Architectonics of Humanism). Und mit der Moderne, die Leute wie Peter Eisenman als "nach-christlich" und "post-humanistisch" charakterisieren, ist der ganze Ansatz in Frage gestellt worden. Interessant ist dabei, dass noch Le Corbusier, die Groß-Ikone der Modernen Architektur, sein "Modulor"-System (Proportions- und Dimensions-System) 100% auf den Goldenen Schnitt gestützt hat bzw. auf die Fibonacci-Reihe, die den Goldenen Schnitt mit rationalen Zahlenverhältnissen annähert. Eine gute Ressource zu dem Thema ist: Nexus Network Journal: Architecture and Mathematics Online. Da gibt es ganze Bücher nur zum Goldenen Schnitt (Verwendung in Geschichte und Gegenwart). Es gibt auch eine wiss. Community; Du kannst Deine Frage da online stellen ("Reader's Queries"). Eine Mail an die Editorin Kim Williams reicht - die freut sich über solche Fragen. Grüße, Thomas |
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Rafael: Offline
Beitrag Datum: 18.03.2010 Uhrzeit: 00:01 ID: 38342 | Social Bookmarks: Hallo Faissal, gefällt mir, dass Du dieses Thema als Facharbeit machst, denn der goldene Schnitt ist wieder im Kommen. Bei vielen Architekten war das Thema out, bei der "Bildhauerfraktion" sowieso, obwohl Bildhauer dazu ein Messwerkzeug wie Albrecht Dürer hatten. Allgemein wurde Geometrie ja nicht mehr wirklich gelehrt. Wenn dann wurde der goldene Schnitt noch als arithmetische Teilung verstanden und verwendet. Aber sein Ursprung und Wesen ist eben Geometrie und die Fibonacci Reihe beschreibt Vermehrung nicht Teilung. Das zeigt in seiner Darstellung als logarythmischen Spirale, die z.B. in folgenden Bauten eigesetzt wurde, unter anderem um vom Diktat des rechten (oder willkürlichen) Winkels wegzukommen: The spiral House, Castlebar, Co. Mayo, Ireland; von Norita Clesham; Lit.: "Der Strohballenbau" von Gernot Minke und Friedemann Mahlke, ökobuch, und Das Perlboot, eine ökologische Kindertagesstätte in Gera-Lusan, von Maria Hofmann; detaillierte Beschreibung der Bauingnieurin in "Hagia-Chora" Heft 30; Sie beschreibt sehr gut ihre Intentionen und die Mathematik dazu. Beide Beispiele sind von Frauen, da fällt mir auch noch die Architektin A. Dylla aus München ein, die ihn mehrfach und auch in Bebauungsplänen verwendete. Damit deutet sich ein Teil der Antwort auf Deine Frage an, warum der GS verwendet wird. Es sind vor allem Frauen die vom Diktat des rechten Winkels wegwollen. Das hat mit einer Bewusstseinsentwicklung zu tun. Es gibt aber auch Männer wie Prof. Hübner oder meine Wenigkeit die damit gearbeitet haben und arbeiten. Die "goldene Spirale" ist eine baupraktisch beherrschbare Form neben Rechteck und Kreis, dessen formalen Ausdruck für mich im Spannungsfeld von Offenheit und Geborgenheit, rund und nicht geschlossen etc. zu suchen ist. Ich hoffe Du kannst damit was anfangen. Wenn Du weitere Fragen hast, stehe ich gern Rede und Antwort ciao, Rafael |
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personal cheese: Offline
Ort: Berlin Beitrag Datum: 18.03.2010 Uhrzeit: 01:04 ID: 38344 | Social Bookmarks: Was soll das denn bedeuten? Ist mein Männerbewusstsein etwa nicht weit genug entwickelt, um den Zusamenhang zwischen "Diktat des rechten Winkels" und Goldener Schnitt zu verstehen? |
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faissal: Offline
Beitrag Datum: 18.03.2010 Uhrzeit: 16:11 ID: 38357 | Social Bookmarks: Hallo Rafael und Tom! Vielen Dank für eure Antworten. Leider musste ich heute schon die Facharbeit abgeben, sodass ich nur die Antwort von Tom mit in meine Facharbeit mit einbezogen habe. Jedoch habe ich als Quelle dieses Forum angegeben, weshalb ich denke, dass mein Lehrer sicherlich hier mal vorbeischauen wird. Dann wird er deinen Post wahrscheinlich auch entdecken In meiner Facharbeit habe ich den Schluss gezogen, dass in der Architektur der Goldene Schnitt momentan nicht so gefeiert wird, in der Wissenschaft aber immer wieder als "letzte Ordnung im Chaos" bezeichnet wird (weil er immer wieder gefunden wird). Auch schrieb ich, dass man die Zukunft des Goldenen Schnittes so nicht vorraussagen kann, aber deine Antwort erklärt wiederrum wie es in der Zukunft aussehen wird. Damit hast du mir wiederrum eine neue Seite des Goldenen Schnittes eröffnet, vielen Dank dafür, zumal ich das Thema sehr interessant finde und im allgemeinen ich mich gerne mit Mathematik und Physik in der Wirklichkeit befasse, ich mag nix Theoretisches Da dacht ich mir, dass ich für dieses Thema in einem Architektur-forum genau richtig bin, was auch letztenendes wahr ist. Das Thema ist jetzt für mich nicht gedanklich abgehakt, ich würde auch gerne weiterhin Antworten bekommen und mehr erfahren soweit noch was zu klären ist, immerhin hab ich noch die Ferien genug Zeit. MfG, Faissal |
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