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Das liegt aber daran, daß es keine standardtisierten Abläufe gibt bzw. kaum geben kann, da jedes Projekt, jeder Bauherr, jede Aufgabe, jeder zeitliche Rahmen anders ist. Regeldetails kann man hin und wieder verwenden, aber nicht ausschließlich. Entwurfsabläufe kann man zwar im Voraus planen, aber in den seltensten Fällen wird dieser Plan eingehalten werden können, da zuviele Faktoren und Änderungswünsche hereinspielen. Selbst die Leistungsphasen nach dem Entwurf sind schwer einzuschätzen und zeitlich planbar, da zuviele andere Personen (Bauherr, Banken, Fachplaner, Firmen, Nachbarn, Behörden, etc.) oder Dinge wie Wetter, Materialengpässe, Preisschwankungen etc. Einfluß darauf nehmen und jeder Beteiligte wiederum eigene Schwankungen in seiner Zeitplanung hat. Wie sieht also das Rezept für das effektiv arbeitende, zeitlich durchorganisierte und gerecht bezahlende Architekturbüro aus??? Sollen wir es wie der Handel oder die Autowerkstatt handhaben und von Stücken und Zeiteinheiten sprechen? Kann z.B. ein Bildhauer, der vor einem Granitblock steht, genau sagen, wieviele Stunden er benötigt um daraus eine Büste zu schlagen und wieviele Hammerschläge oder Trennscheiben er brauchen wird? Kann er vorher wissen, ob durch einen falschen Schlag der gesamte Block unbrauchbar wird und er ganz von vorne anfangen muß und dazu noch einen neuen Stein bezahlen muß? Wie läßt sich das also in den "künstlerischen" Bereichen des Architekturbüros, wie Entwurf, Detailplanung und Bauleitung (auch hier ist Kreativität gefragt) im Vorfeld so einschätzen, daß man genau weiß, wie lange man wieviele Mitarbeiter für die Lösung der Aufgabe benötigt und wie hoch der Gewinn sein wird? Trägt der Büroinhaber das Risiko einer Fehleinschätzung alleine oder darf er seine Mitarbeiter am Risiko teilhaben lassen, wenn sie auch am Gewinn partizipieren wollen? Ich bin sehr gespannt, ob es neben theoretischen Ansätzen hierzu praktische Alltagstipps gibt. | ||
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So wie es momentan aussieht, bin ich aber schon der Ansicht, dass das Risiko allein beim Inhaber liegt und das muss er natürlich auch in der Vertragsgestaltung berücksichtigen. So chaotisch, wie ich Projektplanung zum Teil erlebt habe, gibt es aber definitiv großes Optimierungspotential. Das fängt bei ordentlichen Dokumentationen abgeschlossener Projekte an, sodass zumindest das Prinzip nicht jedes Mal neu angedacht werden muss, und plätschert munter weiter zu besserer Zeit- und Kostenplanung, die mit realistischen Spielräumen für genannte Eventualitäten durchaus machbar ist, über qualifikationsorientiertere Personalauswahl bis zur Durchsetzung übergreifender Standards. Die muss man sicher an jedes Projekt angleichen, aber wenn ein anderer Mitarbeiter nicht mal mehr in der Lage ist, bei einem kurzfristigen Projektwechsel irgendeine Struktur wiederzuerkennen, weil jedes Projekt macht, was es will, dann ist klar, wo ein Großteil der Kapazitäten versacken. Ein wichtiger Punkt scheint mir auch die Einbindung gut ausgebildeter Leute für die Vertrags- und Rechnungsangelegenheiten. Viele Chefs glauben, sie hätten da schon den Durchblick und müssen hinterher mit den Folgen leben, weil sie an der falschen Stelle gespart haben. Ich finde ja die Filmindustrie ist da ein guter Vergleich. Filme beanspruchen auch die Mischung aus künstlerischem Freiraum und Machbarkeit. Hier sind Budgetüberschreitungen aber beim besten Willen nicht vergleichbar und die Sache ist, trotz teilweise mehr beteiligten Parteien, straff durchgeplant. Warum soll das bei Häusern nicht gehen? Und je erfahrener die Chefs sind, desto präziser sollten sie doch in der Lage sein, Annahmen für bestimmte Entwicklungsabläufe zu liefern, die auch realistisch sind. | ||
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Tom: Offline
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Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 14.09.2010 Uhrzeit: 23:02 ID: 40869 | Social Bookmarks: Zitat:
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Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 14.09.2010 Uhrzeit: 23:55 ID: 40870 | Social Bookmarks: Zitat:
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Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 15.09.2010 Uhrzeit: 00:01 ID: 40871 | Social Bookmarks: Zitat:
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Social Bookmarks: Ich mach mich jetzt mal unbeliebt. Die große Mehrheit aller Planungen und Bauten liegen mit ihrem reelen künstlerischen Wert am unteren Ende. Klar, jeder Architekt hält sich für den großen Künstler, aber vieles da draussen wird dem Anspruch wirklich nicht gerecht. Das jedes Bauwerk einem maßgefertigten Schmuckstück gleicht, wäre vielleicht wünschenswert. Aber das ist doch keinesfalls die Regel. Die meisten sind 08/15-Ingenieusleistungen aus dem Standardkatalog, mit etwas Glück zumindest mit halbwegs harmonischen Proportionen und funktionabel. Dass der Aufwand auch für eine solche Planung und Umsetzung in keinem guten Verhältnis zu den Einnahmen steht, unterschreibe ich sofort. Aber das Lied vom unverstandenen Künstler... naja. Die anderen Branchen, in denen die Wertarbeit auch noch als solche entlohnt wird, zahlen trotz ihrer vermeintlich höheren Wertschätzung ihrem Durchschnittsmitarbeiter keine üppigeren Gehälter oder von welchen Branchen sprichst Du? Und damit komme ich wieder an den gleichen Punkt. Die Wertschätzung für die eigene Arbeit beginnt doch bei mir selbst. Solange sich die Absolventen und jüngeren Architekten zu Praktikantenkonditionen verheizen lassen und die Büroinhaber sich darin überschlagen, die Kosten für den Bauherren noch ein paar Prozent unter die HOAI zu drücken, um im Rennen zu bleiben, solange wird die Situation immer schlechter. Oder glaubt jemand, ein Chef kommt an und bietet 3.000€ nachdem der Bewerber zaghaft 1.800€ als Gehaltsvorstellung genannt hat? Oder der Bauherr schlägt einem freundschaftlich auf die Schulter und legt noch 100.000€ Honorar drauf, weil er uns doch so sympatisch findet? | |
Social Bookmarks: Mag sein. Ich lese hier viermal "wirtschaftlicher", aber keine einzige Anregung, wie so etwas aussieht. Das ist das theoretische Denken was im Büroalltag durch praktische und umsetzbare Lösungen ersetzt werden muß. Sonst kann der Angestellte auch nur theoretisch mehr Gehalt verlangen, aber nicht tatsächlich. | |
Social Bookmarks: Das halte ich für sehr verallgemeinert und nicht haltbar. Es gäbe auch Beispiele für große Bürostrukturen mit großen Projekten und hohen Einnahmen, die sich in Sachen Architektur und Gestaltung nicht die größte Mühe geben, sondern in erster Linie auf hohem Niveau abschöpfen. | |
Social Bookmarks: Richtig. Man kann nicht erst zum Bauherrn oder Chef kriechen, damit man den Auftrag/die Arbeitstelle bekommt und anschließend meckern, weil man wirtschaftlich nicht klarkommt. Diese Rechnung muß man vorher machen und dann auch damit leben können, daß man nicht jeden Auftrag oder jede Arbeitsstelle bekommt. Ich denke, ein Stichwort lautet KONSEQUENT sein und sich nicht permanent verbiegen. | |
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Beitrag Datum: 15.09.2010 Uhrzeit: 12:17 ID: 40885 | Social Bookmarks: Tom, Archimedes und Samsarah sagen vieles richtig, z.B. Zitat:
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Meiner Meinung nach ist das Resultat aber immer Geschmacksache. 1. Der künstlerische Anspruch fängt dort an, wo über die Gestaltung über reine konstruktionsrelevante Bereiche hinausgeht, und diese den gestalterischen Aspekten untergeordnet wird. 2. Die "Kunst" (d.h. das aussergewöhnliche Ergebnis - was Samsarah wohl mit "künstlerischem Wert" bezeichnet) beginnt dort, wo der Entwurf bzw. die Gestaltung grundlegend und im gesamtem einem theoretisch-intellektuellen Ansatz folgt. Ein Gebäude wird dann allgemein als Kunst anerkannt, wenn ein Konsens über die Qualität der Leistung bzw. des Resultats vorliegt. Wo sich dann die "Profanbauten" mit dem von den Architekten eingeforderten "künstlerischen Ansprüchen" einreihen, bleibt dem Urteilsvermögen jedes Einzelnen überlassen. | ||||
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Beitrag Datum: 15.09.2010 Uhrzeit: 12:28 ID: 40886 | Social Bookmarks: Zur Kernfrage zurück: Egal wie wirtschaftlich oder unwirtschaftlich gearbeitet wird, es ist in der Architektur definitif so wie in allen Berufen ohne Tarife und Mindestlöhne: die Gehälter regulieren sich von selbst. Zitat:
Solange es ein Gefälle in der Qualifikation des Bewerbers und einen bestimmten Anspruch des Arbeitgebers an die Arbeit gibt, wird es immer wieder so sein, dass minderqualifizierte Bewerber zu unmoralischen Löhnen eingestellt werden. Solange der Staat (in Berufsgruppen mit Tarifen übernimmt die Gewerkschaft diese Funktion) keine gesetzliche Rahmenbedingungen schafft, wird es diese Misslage immer geben. Es wird von den Politikern immer wieder gerne das Argument der freien Marktwirtschaft gebracht, und dass es auch ohne Regeln in 90% der Berufsgruppen funktioniert. Schaut man aber genauer auf die einzelnen Gruppen, sieht man, dass es fast alle Dienstleister betrifft. Ein Beseitigen der Misslagen kann nur durch gesetzliche Regelungen erfolgen. Wenn es keine Regelungen gibt, wird zur Gewinnoptimierung weiterhin Leiharbeit oder Lohndumping eingesetzt. Es ist Fakt, dass Niemand mehr bezahlt, als er muss. Die Gesellschaft muss für sich klären,wie sie in Zukunft leben will. | |
Social Bookmarks: Genau da unterscheiden sich unsere Ansichten. Genau diese Entscheidungen müssen und können wir treffen. Und da Architekten im Gegensatz zum Palettenräumer weit mehr Qualifikationen aufweisen, sind die Möglichkeiten auch vorhanden. Wie Archimedes schon sagt, Konsequenz ist das Stichwort. Und konsequent zu sein, ist eben oft unbequem. | |
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Beitrag Datum: 15.09.2010 Uhrzeit: 14:34 ID: 40891 | Social Bookmarks: Zitat:
Du solltest es einfach mal aus einem anderen Blickwinkel heraus sehen: es gibt sehr viele Absolventen, die ein total unattraktives Profil haben, wenig oder keine Erfahrung, und schon sehr viele erfolgslose Bewerbungen geschrieben haben. Diese Gruppe ist bereit, für eine laue Bezahlung einen Job anzunehmen, um überhaupt mal Erfahrung sammeln zu können, um bei Bewerbungen interessanter zu werden. Und solange es diese Gruppe gibt, und keine Mindestlöhne, wird es in der Architektur diese Praktikas und Löhne geben. | |
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Beitrag Datum: 15.09.2010 Uhrzeit: 16:10 ID: 40895 | Social Bookmarks: Zitat:
Andererseits wundert mich, dass die Arbeit eines planenden Mitarbeiters mit 10 Jahren Berufserfahrung in den Augen vieler Chefs den gleichen Stellenwert geniest wie die Arbeit einer Studentin im 2. Semester. Klar zeichnen beide, aber irgendwer muss doch merken, dass es nicht auf die Anzahl der Striche oder Zeichnungen ankommt, sondern auf die Stimmigkeit des Werks. Der Erfahrene erstellt weniger Zeichnungen, aber genau die, die benötigt werden. Die inhaltliche Stimmigkeit (auch Übereinstimmung untereinander) ist weit höher als bei der Studentin. Zitat:
Hinzu kommt, dass die sog. Wettbewerbe die Wertschätzung der Architektur in der Bevölkerung immer weiter nach unten ziehen: Beispiel: -Stadt lob Wettbewerb aus und gibt den Architekten einen Katalog mit Vorgaben, der bei ehrlicher Betrachtung eine eierlegende Wollmilchsau verlangt, natürlich mit unrealistischem Kostenrahmen -Architekten denken sich was aus, die Ergebnisse sind alle ähnlich weil die Vorgaben letztlich zu eng waren -Die Presse gibt das Lobgehudel der Architekten als Bauherrnzitat wieder -Der Zeitungsartikel erweckt den Eindruck, als sei alles toll (wenn man nicht auf die Bilder schaut) -Bei den normalen Leuten entsteht der Eindruck, dass alle Architekten immer den gleichen "Schrott" produzieren. Dass das Ergebnis aber letztlich auf Bauherrnvorgaben beruht, und die Bauherrn damit letztlich mehr Einfluss auf die Architektur haben als die Architekten selbst, kommt in der Öffentlichkeit nicht an. Soll es aber auch nicht, weil dies dem Bauherrn schaden würde. Stattdessen sind es die Architekten, die unsere Umwelt aus Sicht der normalen Leute immer hässlicher machen. Ein Problem ist dabei auch, dass die Öffentlichkeit gar nicht weiss, was Architekten wirklich machen, weil die Chefs sich nach Außen immer als abgefahrene Künstler aufspielen. Also ich finde es inzwischen peinlich, irgendwo zu sagen, dass ich Architekt bin. Zitat:
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Social Bookmarks: Zitat:
Die eine Möglichkeit sind Mindestlöhne. Ich bezweifle aber, daß die die Lösung sind. Ich glaube, daß führt nur zur Verlagerung des Problems (mehr Bauzeichner/-techniker und weniger Architekten in den Büros). Die andere Möglichkeit ist diese Gruppe kleiner werden lassen (Reduzierung von Studienplätzen bzw. Absolventen). Eine weitere Möglichkeit ist, die Leute so gut auszubilden, daß sie sofort einen Marktwert haben. Geändert von Archimedes (15.09.2010 um 19:13 Uhr). | ||
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