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mika: Offline
Ort: Berlin Beitrag Datum: 07.09.2010 Uhrzeit: 11:56 ID: 40748 | Social Bookmarks: Aber besteht die Aufregung nicht darin, dass für die Bezahlung eines technischen Zeichners die Leistung eines Architekten mit 5 oder mehr Jahren Berufserfahrung erwartet wird ? Das ist jedenfalls bei mir Anlaß für meine Kritik. Wenn dann einer meiner Chef's sagt, "also Du kannst zwar heute (Freitag) um 18:00 Uhr gehen, aber das ganze muß auf jeden Fall am Montag fertig sein." Und selbst dann um 16:00 Uhr sagt, "so ich geh' jetzt Shoppen, bis Montag" Und die terminliche Zusage von Ihm gegen meinen Einwand gemacht worden ist, dann komm ich mir schon mit Füßen getreten vor.
__________________ Grüße Michael "Warum soll etwas nicht so gut wie möglich sein ?" Ludwig Mies van der Rohe, 1964 |
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Der eine hat halt 3 Jahre Lehre hinter sich und der andere 5 Jahre Studium, aber hat der Studierte darum automatisch ein wesentlich höheren Rang oder bestimmte berechtigte Ansprüche? Ich denke, daß muß individuell nach der Person und nicht nach dem Abschluß beurteilt werden. Zitat:
Bei einem Bekannten in der Schreinerei müssen die Angestellten seit ca. 2 Jahren fast jeden Tag 1-2 Überstunden machen und von 52 Samstagen mind. 40 im Jahr arbeiten. Die zusätzlichen Arbeitsstunden werden ordentlich bezahlt bzw. ausgeglichen. Die Leute gehen teilweise auf dem Zahnfleisch. Er als Chef übrigens auch. Aber wem's nicht paßt, der kann jederzeit gehen. Das hört sich schlimm an, aber verglichen mit Strukturen in anderen Industrienationen geht's uns Deutschen doch recht gut. Bei den Japanern ist der Samstag immer ein Arbeitstag, soweit ich weiß und dazu gibt's dann 12 Urlaubstage im Jahr. Nur unmotivierte Arbeitnehmer nehmen dort den gesamten Jahresurlaub. | |||
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noone: Offline
Beitrag Datum: 07.09.2010 Uhrzeit: 14:05 ID: 40751 | Social Bookmarks: Zitat:
Trotzdem - egal wie viele Schnitte und Details du auch zeichnest - Du brauchst einfach 2-3 Jahre im Beruf, bis du ein fundiertes Fachwissen hast. Du brauchst das Feedback von Handwerkern und Baustelle, um zu lernen, wie man was ausführbar detailliert. Man kann die schlechte Situation mit vielem begründen, doch immer alles auf das Studium zu schieben, finde ich einfach feige. Das Studium bringt Basiswissen bei, und ein Absolvent ohne Berufserfahrung kann einfach nicht von Tag 1 an effektiv arbeibeiten. Das ist in keinem Studienfach so. Ich finde es übrigens auch richtig, dass vorrangig Entwurf gelehrt wird, weil eine Fortbildung im Entwurf nach dem Studium nicht mehr stattfindet. Im Büro machen das entweder die Chefs, oder die, die sehr stark im Entwurf sind. In grossen Büros macht das dann die Wettbewerbsabteilung. Wenn du mit einem Ordner voller Fachwissen an Details kommst, aber wochenlang an einem Entwurf herumbrütest, wirst Du keinen weiteren Entwurf mehr machen dürfen. Die ganze Diskussion über Gehälter und Inhabergewinne dreht sich genauso im Kreis wie die über die Mindestlöhne in der Wirtschaft. Wirtschaftliche Interessen werden immer mit Appel an die Ängste - wie z.B. bei hohen Löhnen gefährden wir unsere Standorte/Arbeitsplätze - durchgesetzt. Die Frage ist doch, ob wir tarifliche Mindestlöhne festsetzen oder nicht. Tun wir es nicht, wird wohl für einige Berufsgruppen - sorry, die Architekten gehören unter den Akademikern definitif dazu - eine Existenz mit Billiglöhnen die Folge sein. Wenn wir aber Tarife festsetzen, ist die Folge ja nicht, dass alle Büros schliessen werden, sondern dass die Architekten ihre Honorarermittlungsgrundlage neu überdenken müssen. Eine HOAI-Novelle ist zur Zeit ja kaum möglich, weil sich jeder unterhalb der Mindestgrenze unterbietet. Es muss einen Tarif für alle Architektenleistungen geben, und auch Firmen, die Architekten einstellen, müssen sich an diese Tarife halten. Nur so kann man die Missstände des Lohndumpings verhindern. Appelle an die Moral bringen in Politik und Wirtschaft leider gar nichts. Zitat:
Beispiele aus anderen Ländern bringen da gar nichts, was hilft es mir, wenn in China Arbeiter noch unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie in Europa zu Zeiten der industriellen Revolution? Dann können wir unter dem Prinzip, dass es irgendwo noch schlechter ist, gleich alle Gesetze wegdiskutieren und in eine archäiche Gesellschaft zurückfallen, in der das Recht des Stärkeren zählt. | ||
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Ich bin selber kein so strenger Chef, wie mein Bekannter in der Schreinerei, aber ich kann seine Position gut verstehen. Wer bei ihm nicht mitzieht, ist schnell wieder raus. Er verlangt niemals mehr von seinen Angestellten, als von sich selbst. Interessanterweise haben die leistungsstärksten und qualifiziertesten Mitarbeiter in diesem Betrieb die wenigsten Probleme mit den langen Arbeitszeiten und der eingeschränkten Freizeit. Und China ist nicht Japan. | ||
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Allerdings möchte ich dabei vorallem Kritisieren, dass die Qualität der Arbeit vermutlich auch auf Grund des fehlenden geistigen Ausgleichs häufig leidet...
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Social Bookmarks: Ist das in solchen Ländern nicht auch ein wenig eine Frage der "Mentalität des nicht-so-genau-nehmens". Glaubst Du, die Qualität wäre bei einer 40-Stundenwoche besser? | |
Social Bookmarks: Ich kann nicht beurteilen, wie das in Indien ist, aber es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass Menschen, die über einen längeren Zeitraum mehr als 40 Stunden pro Woche im Angestelltenverhaltnis arbeiten, dauerhaft an Leistungsfähigkeit einbüßen. D.h. dass Chefs, die ihre Mitarbeiter zu 60 Stunden und mehr knechten, sich letztlich ins eigene Fleisch schneiden. Es ist doch eine Milchmädchenrechnung zu glauben, wenn man seine Leute verheizt und alle zwei Jahre austauschen muss, dadurch etwas gewonnen zu haben. Die Neuen müssen erst langwierig auf Kurs gebracht werden. Ein gut eingearbeiteter Mitarbeiter, der bei einem geregelten Arbeitstag dafür konstant solide Leistung bringt, ist letztlich rentabler. Die Diskussion über unterschiedliche Gehälter von Büroinhabern und Mitarbeitern finde ich allerdings auch albern. Es sollte natürlich ein Grundniveau herrschen, dass zum Leben auch reicht. Als besserer Bauzeichner (oder vielleicht sogar schlechterer) ohne weitere Verantwortung darf das Gehalt auch einiges unter dem Chef und Projektleiter liegen. Als Projektleiter sollte man dann angemessen mehr bekommen. Dafür muss man schließlich auch eigenverantwortlich alles regeln. Die letztlich Haftung liegt aber immer noch beim Chef. Und wieviel Gewinn der abzweigt, geht den Angestellten schlicht nichts an. Ich verstehe allerdings den Unmut, wenn auf der einen Seite teure Anschaffungen eher privater Natur von Firmenkonten gesponsert werden, während die Angestellten zum x-ten Mal in Folge auf ihre Gehälter warten müssen. Ich kenne einige Büros, in denen geregelte Arbeitszeiten funktionieren und das Betriebsklima sehr angenehm ist. Die Gehälter sind durchschnittlich, aber dafür gibt es auch am Arbeitsplatz eine hohe Lebensqualität. Die Fluktuation ist hier sehr viel geringer als sonst üblich. Das Büro arbeitet wirtschaftlich und keiner fühlt sich verheizt. Das zeigt mir, dass es möglich ist. Voraussetzung ist aber ein Umdenken, dass gerade den älteren Chefs kaum noch abzuringen ist. Die sind festgefahren in einer Struktur, die sie nicht anders gelernt haben. | |
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noone: Offline
Beitrag Datum: 08.09.2010 Uhrzeit: 11:27 ID: 40765 | Social Bookmarks: Machen wir uns doch nichts vor: in Schwellenländer wie Indien oder China wird ja nicht soviel gearbeitet, weil die Produktivität (des Arbeiters) oder Qualität dadurch irgendwie besser wird, sondern weil es aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen vom Arbeitgeber durchgesetzt werden kann. Wie das in Industrienationen wie Japan ist, kann ich aufgrund fehlendes Wissens der japanischen Gesetze und Kultur nicht beurteilen. Zitat:
Folge dessen ist natürlich, dass Büros eine gewisse Struktur aufbauen, man hat die Projektarchitekten aus Studenten, Praktikanten und Absolventen, und dann die Projektleiter, die deren fehlende Fachkenntnisse und Fehler wieder korrigieren. Diese guten und für den Betrieb wertvolle Leute werden dann natürlich langfristig gehalten, und bekommen ein recht gutes Gehalt. Bei kleinen Büros, denen die Honorarlage dafür fehlt, bleibt dem Chef natürlich nichts anderes übrig, als immer wieder Leute selbst einzuarbeiten. | |
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mika: Offline
Ort: Berlin Beitrag Datum: 08.09.2010 Uhrzeit: 11:40 ID: 40766 | Social Bookmarks: Ich stimme Dir in allen Punkten zu. Der letzte Nebensatz, auch wenn ich weiß, wie es gemeint ist, ist aber genau der Knackpunkt. Denn Büromanagement und Mitarbeiterführung haben von, diejenigen Chefs, aus deren Büros hier die schlechten Erfahrungen fließen, nicht gelernt. Ein selbstständiger Handwerkersmeister, der auch Auszubildende beschäftigt, muss nachweisen, dass es dazu geeignet ist. Ein Architekt nicht. Und einige sind sich der Verantwortung nicht bewußt. Diese Verantwortung bezieht sich, wie Du ja ausgeführt hast, langfristig ja auch auf das eigene Büro. Mir wurde jetzt kürzlich gesagt, ich solle mich darauf einstellen, dass ich nächstes Jahr in einer anderen Stadt arbeite. Man würde mir helfen eine Wohnung zu finden, aber nicht zahlen. Man könne sich das Anlernen für diese Aufgabe (Bauleitung) jedoch nicht leisten, und da es ja eine tolle Aufgabe für mich wäre, müsse ich 150% geben, damit keine Fehler passieren. Finanziell könne man auch nicht mehr zahlen als jetzt. Zudem solle ich mich diesbezüglich zu Bauhaftpflichtversicherungen erkundigen. Was soviel wie Bauleiter als Freelancer für das gleiche Brutto wie als Angestellter bedeutet. Ich denke, dass wird mein Ausstiegsmöglichkeit sein.
__________________ Grüße Michael "Warum soll etwas nicht so gut wie möglich sein ?" Ludwig Mies van der Rohe, 1964 |
Social Bookmarks: Ausstiegsmöglichkeit ist nett formuliert. Das sollte definitiv Dein Grund sein um Dir schleunigst etwas anderes zu suchen, auch wenn es möglicherweise eine interessante (Grenz-)Erfahrung sein könnte. Eine Sache ist aber wichtig: Auch wenn man selbst in einem Büro gearbeitet hat, wo viel falsch gelaufen ist und die Leute nicht gut behandelt wurden kann man daraus seine Lehren ziehen und es besser machen. man muß nicht altbekannte Muster verfallen, auch schlechte Beispiele können zu positiven Effekten führen. Dennoch sei auch nochmal gesagt, daß man sich als Angestellter wirklich nur begrenzt vorstellen kann, wo den Chef der Schuh drückt. Zum Thema Gehaltsvergleich Chef vs. Angestellter habe ich mir noch die lieben Vorstandsvorsitzenden diverser großer AGs in Erinnerung gerufen: Diese Herrschaften "verdienen" nicht selten das 100 bis 500-fache ihrer Angestellten und das bei sehr begrenzten Risiken. Das findet zwar fast Jeder übertrieben, aber ändern tut sich nichts. | |
Social Bookmarks: Naja, der Vergleich hinkt vielleicht doch etwas, denn die Unternehmensgröße und damit proportional das Umsatzvolumen stehen schon in Abhängigkeit zu den zahlbaren Gehältern. Dass die gerade in der Finanzbranche jeden Maßstab sprengen, ist wohl unbestreitbar. Aber wir reden hier ja von Klein- und Mittelstandsunternehmen, die in der Regel irgendwas zwischen 1-30 Mitarbeitern beschäftigen. Selbst die großen Büros kommen doch auf maximal 500 Mitarbeiter, verteilt auf mehrere Standorte und häufig auch wirtschaftlich abgekoppelt. Man sollte Äpfel nicht mit Birnen vergleichen . | |
Social Bookmarks: Sind die nicht Beide grün? Natürlich hinkt der Vergleich, aber wie sollen sich denn Angestellter dieser großen Konzerne erst fühlen, wenn sie alle paar Jahre einen neuen (anonymen) Chef vorgesetzt bekommen, der dann Millionengagen einstreicht und zum Abschied nochmal ein dickes Schmerzensgeld kassiert, welches das Lebenseinkommen jedes Angestellten nochmals mehrfach übersteigt. Außerdem sind bei solchen Großkonzernen Strukturen mit Werksleitern, Bereichsleitern, Abteilungsleitern und Gruppenleitern vorhanden, wo ebenfalls mehrfache Angestelltengehälter bezahlt werden. Aber wir waren uns ja einig, daß dieses Vergleichen nichts bringt. Ich finde es wichtig, daß man weiß, daß bei kleinen/mittleren Büros der Gewinn bzw. das Einkommen des Inhabers, die einzige wirksame Stellschraube in schwierigen Zeiten ist, bevor man die Stellschraube Mitarbeiterzahl/-gehalt benutzen muß. Wenn beim Inhabereinkommen nicht genügend Spielraum nach unten vorhanden ist, dann geht das Büro bei der kleinsten Krise den Bach runter. Man sollte sich auch vor Augen halten, daß der Chef nicht automatisch und immer gut verdient hat. Gerade am Anfang hat er oft Eigenkapital eingebracht, Kredite aufgenommen oder sich selbst in manchen Monaten weniger ausgezahlt, als seinen Angestellten. Woher will der Angestellte denn wissen, ob der Arbeitsplatz an dem er arbeitet bezahlt ist oder der Inhaber vielleicht noch hohe Kredite abzustottern hat? Unternehmerisches Risiko sollte jedenfalls belohnt werden. | |
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Tom: Offline
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Hochschule/AG: Architekt Beitrag Datum: 09.09.2010 Uhrzeit: 00:28 ID: 40779 | Social Bookmarks: Aber dafür sollten die Chefs auch wie fähige Unternehmer handeln: Gute Aufträge an Land ziehen, längerfristig und vorausschauend planen. Eine professionelle Bürostruktur etablieren. Wirtschaftliche und rechtliche Fragen in professionelle Hände legen. Gute Mitarbeiter durch vernünftige Arbeitsbedingungen binden und leistungsgerecht bezahlen (nicht auspressen und dann wegwerfen). Längerfristige Perspektiven bieten und ein Mindestmaß an Loyalität den Mitarbeitern gegenüber zeigen. Und da mischt sich manchmal Unvermögen mit Verantwortungslosigkeit. T. |
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gRINsEcAtze: Offline
Ort: Bayern
Hochschule/AG: Schüler Beitrag Datum: 09.09.2010 Uhrzeit: 14:38 ID: 40788 | Social Bookmarks: Hi! Also wenn ich das so lese, bin ich etwas verunsichert. Eigentlich verbinde ich mit dem Beruf des Architekten meinen Traumberuf. Ihr berichtet nun von sehr geringen Gehältern, stressiger Atmosphäre, viel zu wenig "Freizeit" (je nachdem). Würdet ihr nun rückblickend sagen, dass es sich noch lohnt den Beruf zu ergreifen(zu erlernen) oder würdet ihr mir davon abraten? Und stimmt es, dass 3/4 aller Absolventen keine Arbeitsstelle bekommen nach dem Studium? lg grinsecatze |
Registrierter Nutzer Registriert seit: 07.08.2006
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personal cheese: Offline
Ort: Berlin Beitrag Datum: 09.09.2010 Uhrzeit: 15:13 ID: 40789 | Social Bookmarks: Zitat:
Welches Bild hast du davon, was ein Architekt so macht und wie? Ich glaube nämlich, zwischen Vorstellungen vor Studium und vor allem Berufsleben und Wirklichkeit besteht ein ziemlicher Unterschied. | |
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