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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 13:24
ID: 13731



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Zitat:
Originally posted by noone
Zitat: "Die Gruga-Schildkröte hat der gesamten Entwurfsidee Pate gestanden. Jörn v.d. Heiden: "Zum einen entsprechen die Sechsecke ihres Panzers der Wabenform der Aquarien und Biotope im Inneren. Zum anderen soll der gesamte Bunker äußerlich eine Schildkröten-Form erhalten."
Die Hülle über dem Bunker ist einer Schildkröte nachempfunden, nicht das Innere. Darauf zielte doch Ihre Kritik und die ist nicht wahr.
Joh.

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noone is a jewel in the rough noone is a jewel in the rough noone is a jewel in the rough noone is a jewel in the rough

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 13:49
ID: 13734



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Ohne kleinkariert zu werden, es ging mir in der Tat nicht um den Grundriss, sondern logischerweise um die äußere Hülle, und da finde ich es mehr als Bedenklich, wenn man, inspiriert von einer Schildkröte, diese dann bei der Fassadengestaltung 1:1 nachempfindet.

Einge gewisse Abstraktion oder vielleicht auch das Wesen der Schildkröte abstrakt in den Entwurf einfliessen zu lassen, wäre zweifelsfrei die bessere Variante.

Ich kann es einfach nicht gutheissen, diese Bildhaftigkeit zu akzeptieren. Entwerfen ist etwas anderes, als die Entwurfsaufgabe bildlich in der Fassadengestaltung umzusetzten.

Das ist eine Bankrotterklärung wie die überdimensionale Leuchtschrift auf den Supermärkten, die eine gewisse Corporate Identity vorspielen soll.


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Samsarah is a jewel in the rough Samsarah is a jewel in the rough Samsarah is a jewel in the rough Samsarah is a jewel in the rough

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 15:16
ID: 13738



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Zitat:
Das ist eine Bankrotterklärung wie die überdimensionale Leuchtschrift auf den Supermärkten, die eine gewisse Corporate Identity vorspielen soll.
Ich teile die Skepsis in Bezug auf diese Herangehensweise an eine Entwurfsaufgabe - sowohl das wörtlich umgesetzte Symbol als auch die oben genannte.

So schwarz/weiß gemalt ist es doch eigentlich Venturis alte Frage nach der Ente (Schildkröte) oder dem "Dekorierten Schuppen" (Supermarkt)/ (Learning from Las Vegas, Robert Venturi, 1978). Er kommt letztlich zu der Erkenntnis, dass der funktionelle Schuppen mit "angeklebten Symbolen" die bessere und langfristigere Lösung darstellt, weil die Ente eben nur eine Ente sein kann, der Schuppen mit neuen Symbolen ausgestattet aber variabel bleibt.

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Tom
 
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Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 15:51
ID: 13739



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Venturi ist bestimmt ein hervorragender Bezugspunkt für diese Fragen. Nur meine ich, dass heutzutage weder die konkret-sympolische Ente noch der dekorierte Schuppen eine valide Entwurfslösung darstellen. Gesucht ist die authentische, abstrakte Gestalt, deren Bezüge zur Realität und zu geistigen Konzepten komplexer sind als das gegenständliche 1:1-Nachäffen von existierenden Objekten.

Unter den ME-Projekten finden sich noch andere Spielarten zweifelhafter Entwurfsstrategien, z.B. ein ZEN-Einkehrzentrum, das mit Kreis, Quadrat, etc. in zentrisch-symmetrischen Konfigurationen operiert und bei dem der Verfasser auch bemüht ist, die "Richtigkeit" dieser Formgebung rational "nachzuweisen", indem er verschiedene Bewusstseinsebenen u.Ä. einzelnen Körpern zuschreibt, etc. Das ist eine Form der berechneten Präzisions-Symbolik, die - obwohl sie sich schon auf abstrakterer Ebene abspielt - mit einem guten Entwurf nach heutigem Verständnis nix zu tun hat.

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Samsarah is a jewel in the rough Samsarah is a jewel in the rough Samsarah is a jewel in the rough Samsarah is a jewel in the rough

Beitrag
Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 18:50
ID: 13745



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Ich wollte auch gar nicht behaupte, dass Venturi damit recht behält. Ich fand nur, dass die Polarisierung hier in vieler Hinsicht seiner Fragestellung entspricht.

Samy

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 21:05
ID: 13746



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Zitat:
Originally posted by noone
Ohne kleinkariert zu werden, es ging mir in der Tat nicht um den Grundriss, sondern logischerweise um die äußere Hülle, und da finde ich es mehr als Bedenklich, wenn man, inspiriert von einer Schildkröte, diese dann bei der Fassadengestaltung 1:1 nachempfindet.

Einge gewisse Abstraktion oder vielleicht auch das Wesen der Schildkröte abstrakt in den Entwurf einfliessen zu lassen, wäre zweifelsfrei die bessere Variante.

Ich kann es einfach nicht gutheissen, diese Bildhaftigkeit zu akzeptieren. Entwerfen ist etwas anderes, als die Entwurfsaufgabe bildlich in der Fassadengestaltung umzusetzten.

Das ist eine Bankrotterklärung wie die überdimensionale Leuchtschrift auf den Supermärkten, die eine gewisse Corporate Identity vorspielen soll.
Hallo noone,
Wenn Sie keine anderen Probleme mit dem Unterrichtsmodell ME haben, als „Schildkröte oder nicht Schildkröte“, dann kann ich ja beruhigt sein. Ich habe allerdings weder Zeit noch Lust, mich mit „peanuts“ zu beschäftigen. Das trifft auch auf die neueren Beiträge von Samsarah und Tom zu. Jeder, der ein Haar in der Suppe finden will, findet eins. Mir als Mitglied ging und geht es aber darum, das ME in toto zu diskutieren. Das war und ist jedoch anscheinend nicht möglich. Schon Goethe sagte:
„Es ist ganz einerlei, ob man das Wahre oder das Falsche sagt: beiden wird widersprochen.“
(Johann Wolfgang Goethe: Über Literatur und Leben)

In diesem Sinne verabschiede ich mich von tektorum und wünsche Ihnen allen noch munteres Diskutieren.
Joh.

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 21:06
ID: 13747



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Zitat:
Originally posted by Samsarah
Ich teile die Skepsis in Bezug auf diese Herangehensweise an eine Entwurfsaufgabe - sowohl das wörtlich umgesetzte Symbol als auch die oben genannte.

So schwarz/weiß gemalt ist es doch eigentlich Venturis alte Frage nach der Ente (Schildkröte) oder dem "Dekorierten Schuppen" (Supermarkt)/ (Learning from Las Vegas, Robert Venturi, 1978). Er kommt letztlich zu der Erkenntnis, dass der funktionelle Schuppen mit "angeklebten Symbolen" die bessere und langfristigere Lösung darstellt, weil die Ente eben nur eine Ente sein kann, der Schuppen mit neuen Symbolen ausgestattet aber variabel bleibt.
Hallo Samsarah,
siehe meine Antwort an noone.
Joh.

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 21:07
ID: 13748



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Zitat:
Originally posted by Tom
Venturi ist bestimmt ein hervorragender Bezugspunkt für diese Fragen. Nur meine ich, dass heutzutage weder die konkret-sympolische Ente noch der dekorierte Schuppen eine valide Entwurfslösung darstellen. Gesucht ist die authentische, abstrakte Gestalt, deren Bezüge zur Realität und zu geistigen Konzepten komplexer sind als das gegenständliche 1:1-Nachäffen von existierenden Objekten.

Unter den ME-Projekten finden sich noch andere Spielarten zweifelhafter Entwurfsstrategien, z.B. ein ZEN-Einkehrzentrum, das mit Kreis, Quadrat, etc. in zentrisch-symmetrischen Konfigurationen operiert und bei dem der Verfasser auch bemüht ist, die "Richtigkeit" dieser Formgebung rational "nachzuweisen", indem er verschiedene Bewusstseinsebenen u.Ä. einzelnen Körpern zuschreibt, etc. Das ist eine Form der berechneten Präzisions-Symbolik, die - obwohl sie sich schon auf abstrakterer Ebene abspielt - mit einem guten Entwurf nach heutigem Verständnis nix zu tun hat.
Hallo Tom,
siehe meine Antwort an noone.
Joh.

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 21:47
ID: 13749



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Zitat:
Originally posted by Ralph Johannes
Mir als Mitglied ging und geht es aber darum, das ME in toto zu diskutieren. Das war und ist jedoch anscheinend nicht möglich.
[...]
In diesem Sinne verabschiede ich mich von tektorum und wünsche Ihnen allen noch munteres Diskutieren.
Joh.
Guten Abend Herr Johannes,

Sie haben sich in einem Forum für Studenten des Bauwesens angemeldet, um Ihr Modell zu diskutieren. Dass die Diskussionsweise von Personengruppen, zwischen denen 50 Jahre liegen, unterschiedlich ist, ist doch verständlich. Wenn Sie Ihr Modell hier diskutieren wollen, dann doch mit dem Ziel, zu überprüfen, wie das Konzept des "Methodischen Entwerfens" bei der Generation der zukünftigen Architekten angesehen wird. Wenn Sie nach so einer kurzen Zeit der Diskussion aufgeben wollen, zeugt das nicht unbedingt von Professionalität eines em. Professors, mit Lernenden jüngerer Generationen umzugehen. Kontroverse Diskussion ist nicht schlecht, sondern förderlich. Auch wenn Sie jetzt nicht über das "Haar in der Suppe" reden wollen. In einem guten Gourmet-Restaurant ist gerade das eine einzige Haar in der Suppe ein Grund für Gäste komplett Abstand von diesem Restaurant zu nehmen. Wenn Sie Ihr Modell eher in der "Kategorie Fast-Food" sehen, können wir das "Haar im Hamburger" gerne übersehen. Ob damit überhaupt jemandem geholfen wird, wage ich zu bezweifeln!

Viele Grüße

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Datum: 13.02.2006
Uhrzeit: 21:47
ID: 13750



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Herr Johannes,

es geht mir nicht darum, das ME in Frage zu stellen, sondern es zuerst zu kennen und u begreifen. Vielleicht bin ich etwas langsam von Begriff, auf Ihrer Webseite hatte ich Anfangs Schwierigkeiten, die Lehre bzw. den Prozess des MEs zu finden.

Mit der Schildkröte hatte ich lediglich das Risiko der Bildhaftigkeit und der damit zusammenhängenden Oberflächlichkeit angesprochen, jedoch nicht das Entwurfsmodell selbst in Frage gestellt, das ja betimmt nicht das bildhafte Übertragen einer Aufgabe lehrt.

Es würde mir leid tun, wenn Sie schon jetzt der Diskussion den Rücken kehren, sind in Ihrem Lehrmodell doch interessante Thesen angesprochen, die ich hier in der Diskussion gerne vertiefen würde.

Ich bitte Sie, sich von dem teilweise schroffen Ton nicht irritieren zu lassen, das ist für Internetforen, wo man dem Diskussionspartner nicht Gegenüber sitzt, normal. Sie gehören doch zu einen der wenigen Profs hier, und könenn zweifelsfrei das Forum mit Ihrer grossen Erfahrung bereichern.

Wie gesagt, ich muss mich erst mal gründlich mit den Texten auf Ihrer Homepage beschäftigen, bevor ich Punkt X oder Y in Frage stellen werde.

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Datum: 14.02.2006
Uhrzeit: 15:28
ID: 13790



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Zitat:
Originally posted by Ralph Johannes
Schon Goethe sagte: „Es ist ganz einerlei, ob man das Wahre oder das Falsche sagt: beiden wird widersprochen.“
(Johann Wolfgang Goethe: Über Literatur und Leben)
Das ist, mit Verlaub, eine seltsame rhetorische Zauberformel, um Kritik nicht ernst nehmen zu müssen.

Zitat:
Originally posted by Ralph Johannes
Wenn Sie keine anderen Probleme mit dem Unterrichtsmodell ME haben, als „Schildkröte oder nicht Schildkröte“, dann kann ich ja beruhigt sein. Ich habe allerdings weder Zeit noch Lust, mich mit „peanuts“ zu beschäftigen. Das trifft auch auf die neueren Beiträge von Samsarah und Tom zu. Jeder, der ein Haar in der Suppe finden will, findet eins. Mir als Mitglied ging und geht es aber darum, das ME in toto zu diskutieren.
Ich sehe Ihr ME-Konzept durchaus als Ganzes, und deshalb spreche ich zunächst die Punkte an, in denen Ihre Vorstellungen von dem gegenwärtig an den Hochschulen vertretenen Grundkonsens abweichen. Ihr Konzept misst Nutzungserwägungen eine weit überproportionale Bedeutung zu und lässt Fragen der Ästhetik einfach unter den Tisch fallen ("Peanuts"). Architektur, gute Architektur, sind die Qualitäten, die über die quantitativ zu erfassenden Nutzungsaspekte hinausgehen. Sie machen die Kernkompetenz des Architekten aus und haben auch etwas mit Ethik und Verantwortung zu tun, wobei Ästhetik in ihrem umfassenden, tiefgründigen Sinne als Form der Weltwahrnehmung und -aneignung gemeint ist, nicht bloß die Frage nach der richtigen Wandfarbe.

Die Menge der funktional befriedigenden Entwurfslösungen ist größer als die der ästhetisch ausgezeichneten. Architekten heute wollen *sowohl* eine hervorragende Nutzbarkeit als auch eine ausgezeichnete, geistvolle, hoch-kultivierte Gestalt. Und dazu muss man sich mit Gestaltungstheorien und -philosophien auseinandersetzen. "Haare in der Suppe" machen dabei nichts weniger aus als exakt den Unterschied zwischen guter und schlechter Architektur. In einem früheren Thread haben Sie suggeriert, dass es zwei Arten von Architekten und/oder Architektur gebe, die oberflächlichen Künstler, denen die Nutzung egal ist und die, die funktionierende Gebäude entwickeln. Diese Sichtweise ist nicht haltbar. Man muss beides wollen und man kann beides schaffen.

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Datum: 15.02.2006
Uhrzeit: 08:27
ID: 13827



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Zitat:
Originally posted by Ralph Johannes
Hallo noone,
Mir als Mitglied ging und geht es aber darum, das ME in toto zu diskutieren.
Na wenn mir schon so eine Steilvorlage gegeben wird da sag ich doch nicht nein.

Das ME hat eine sehr beschränkte Grundauffassung von Architektur.
Dies wird in der Reihe "Aufgabe -> Prozess -> Entwurf" deutlich.
Das heißt es beschränkt die Architektur auf dienende , masochistische , wunscherfüllende und aufopferungsvolle Tätigkeiten. Diese Auffassung hat zu dem heute üblichen "form follows all" Anspruch geführt in dem sich funktionale und fictionale Forderungen zusammenballen. Das heißt wir finden heute eine Situation vor in der wir aus "alles" etwas raussuchen müssen mit dem wir gestalten und das ohne Wissen über zukünftige Ziele und Aufgaben. Das ist nämlich ein Charakter der heutigen Zeit dass die Ungewissheit über künftige Ziele immer deutlicher wird. Das heißt es geht immer mehr um die Schaffung von Möglichkeiten und das finden neuer Ziele mit Hilfe dieser Möglichkeiten.
Das ME oder besser der Verfasser des ME erkennt und versteht gar nicht diese Art der Gestaltung.
Darf ich als Gestalter Dinge die ich nicht verstehe zu nicht existent erklären und auf dem was übrig bleibt eine Gestaltung aufbauen?
Sicher darf ich das. Aber das ist keine Lehrmethode sondern ein Entwurf.

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Datum: 15.02.2006
Uhrzeit: 22:24
ID: 13855



was ist architektur #88 (Permalink)
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Zitat:
Originally posted by Maller
Na wenn mir schon so eine Steilvorlage gegeben wird da sag ich doch nicht nein.

Das ME hat eine sehr beschränkte Grundauffassung von Architektur.
Dies wird in der Reihe "Aufgabe -> Prozess -> Entwurf" deutlich.
Das heißt es beschränkt die Architektur auf dienende , masochistische , wunscherfüllende und aufopferungsvolle Tätigkeiten. Diese Auffassung hat zu dem heute üblichen "form follows all" Anspruch geführt in dem sich funktionale und fictionale Forderungen zusammenballen. Das heißt wir finden heute eine Situation vor in der wir aus "alles" etwas raussuchen müssen mit dem wir gestalten und das ohne Wissen über zukünftige Ziele und Aufgaben. Das ist nämlich ein Charakter der heutigen Zeit dass die Ungewissheit über künftige Ziele immer deutlicher wird. Das heißt es geht immer mehr um die Schaffung von Möglichkeiten und das finden neuer Ziele mit Hilfe dieser Möglichkeiten.
Das ME oder besser der Verfasser des ME erkennt und versteht gar nicht diese Art der Gestaltung.
Darf ich als Gestalter Dinge die ich nicht verstehe zu nicht existent erklären und auf dem was übrig bleibt eine Gestaltung aufbauen?
Sicher darf ich das. Aber das ist keine Lehrmethode sondern ein Entwurf.
An den eingegangenen Beiträgen erkenne ich und bedauere sehr, dass kein ernsthafter Wille vorhanden ist, sich in die zugegeben umfangreiche Materie des ME zu vertiefen. Stattdessen wird das Ganze als „Steilvorlage“ betrachtet, um des Kritikers Steckenpferd „Gestaltung“ zu reiten. Wer aber z.B. eine Torte vor sich stehen hat und diese ohne sie probiert zu haben nur nach ihrer Form und Dekoration beurteilen will denkt oberflächlich und kann nur ein beschränktes Urteil abgeben. Es steht daher, nach reiflicher Überlegung meinerseits, mein Entschluß fest, mich endgültig von tektorum zu verabschieden.
Joh.

Meine Antworten an Maller

Maller schreibt:
„Das ME hat eine sehr beschränkte Grundauffassung von Architektur.“

Meine Antwort:
Bereits früher habe ich darauf in tektorum geantwortet und ich wiederhole diese zum 2. Mal:
In Anlehnung an Johann Wolfgang Goethes Ausführungen in „Baukunst 1795“ bevorzuge ich den aus der Mode gekommenen Begriff Baukunst. Goethe verweist darauf, daß der Begriff Baukunst nicht als bloße Zusammenfassung der Teildisziplinen Bauen und Kunst begriffen werden darf, sondern vielmehr als „höchster Zweck“ des Bauens. Er entwickelt dazu
m e t h o d i s c h vier Stufen, die erklommen werden müssen, bis ein Gebäude zu einem Werk der Baukunst werden kann. Es handelt sich dabei um:
1. die Kenntnis des Materials: „Die Baukunst setzt ein Material voraus, welches zu dreierlei Zwecken stufenweise angewendet werden kann. ... Der Baukünstler lernt die Eigenschaften kennen und läßt sich entweder von den Eigenschaften gebieten, ..., oder er zwingt das Material ...“ mittels mechanischer Kenntnis und Einsicht in komplizierte Konstruktionen.
2. die Nutzung des Gebäudes: „... das Notwendige mit Bequemlichkeit vollbringen zu können.“
3. die Harmonie in sinnlicher Wahrnehmung und körperlicher Bewegung: „Hier tritt die schwere und komplizierte Lehre von den Proportionen ein, wodurch der Charakter des Gebäudes und seiner verschiedenen Teile möglich wird.“
4. die Poesie, durch die ein Gebäude wirklich zum Kunstwerk wird: „welcher, ..., die Überbefriedigung des Sinnes sich vornimmt und einen gebildeten Geist bis hin zum Erstaunen und Entzücken erhebt; es kann dieses nur durch das Genie, das sich zum Herrn der übrigen Erfordernisse gemacht hätte, hervorgebracht werden; es ist dies der poetische Teil der Baukunst, in welchem die Fiktion eigentlich wirkt.“( Goethe, Johann Wolfgang: Baukunst <1795>. in: Goethes Werke, hg. i. A. der Großherzogin Sophie von Sachsen. Weimar 1887-1919, I 47, S. 68)

Diese von Goethe formulierten Grundsätze über Baukunst habe ich verwendet, um daran die Unterrichtsstufen des Methodischen Entwerfens (ME) zu orientieren. Allerdings bin ich der Auffassung, daß lediglich die ersten drei der genannten Stufen l e h r b a r sind. Die vierte Stufe, nämlich die der P o e s i e, ist es nicht, denn diese basiert auf außergewöhnliche Begabung im Entwerfen.

Was ist Methodisches Entwerfen (ME)
Es ist ein berufsorientiertes Unterrichtsmodell zur Ausbildung von Architekturstudierenden in Form organisierten Lernens durch eine planmäßige, methodisch durchdachte Vorgehensweise.
Ausgehend von einer Entwurfsaufgabe, umfaßt es die Gesamtheit aller Tätigkeiten, mit denen die notwendigen Leistungen erarbeitet werden für die Zielsetzung, Vorbereitung, Durchführung und Herstellung eines Entwurfs sowie die Erarbeitung der erforderlichen Genehmigungsvorlagen. Dabei ist einschränkend zu bemerken, daß eine Entwurfsaufgabe in ihrer Gesamtheit nicht ausschließlich auf objektivem, formalisierbarem Wege lösbar ist, sondern auch Intuition und kreative Entscheidungen erfordert.

Maller schreibt:
„Dies wird in der Reihe Aufgabe -> Prozess -> Entwurf deutlich. Das heißt es beschränkt die Architektur auf dienende, .... Das ist nämlich ein Charakter der heutigen Zeit dass die Ungewissheit über künftige Ziele immer deutlicher wird. .... „ usw. usw. usw.

Meine Antwort:
Vor diesen, Ihren hochgestochenen Ausführungen, muß ich passen!

Maller schreibt:
„Das ME oder besser der Verfasser des ME erkennt und versteht gar nicht diese Art der Gestaltung.“

Meine Antwort:
Wie schön, dass S i e „diese Art der Gestaltung” verstehen. Ich verstehe sie in der Tat nicht. Siehe oben die Aussagen von Goethe und meine Konsequenzen daraus für das Unterrichtsmodell ME.
Joh.

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Datum: 15.02.2006
Uhrzeit: 22:29
ID: 13856



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Zitat:
Originally posted by Tom
Das ist, mit Verlaub, eine seltsame rhetorische Zauberformel, um Kritik nicht ernst nehmen zu müssen.



Ich sehe Ihr ME-Konzept durchaus als Ganzes, und deshalb spreche ich zunächst die Punkte an, in denen Ihre Vorstellungen von dem gegenwärtig an den Hochschulen vertretenen Grundkonsens abweichen. Ihr Konzept misst Nutzungserwägungen eine weit überproportionale Bedeutung zu und lässt Fragen der Ästhetik einfach unter den Tisch fallen ("Peanuts"). Architektur, gute Architektur, sind die Qualitäten, die über die quantitativ zu erfassenden Nutzungsaspekte hinausgehen. Sie machen die Kernkompetenz des Architekten aus und haben auch etwas mit Ethik und Verantwortung zu tun, wobei Ästhetik in ihrem umfassenden, tiefgründigen Sinne als Form der Weltwahrnehmung und -aneignung gemeint ist, nicht bloß die Frage nach der richtigen Wandfarbe.

Die Menge der funktional befriedigenden Entwurfslösungen ist größer als die der ästhetisch ausgezeichneten. Architekten heute wollen *sowohl* eine hervorragende Nutzbarkeit als auch eine ausgezeichnete, geistvolle, hoch-kultivierte Gestalt. Und dazu muss man sich mit Gestaltungstheorien und -philosophien auseinandersetzen. "Haare in der Suppe" machen dabei nichts weniger aus als exakt den Unterschied zwischen guter und schlechter Architektur. In einem früheren Thread haben Sie suggeriert, dass es zwei Arten von Architekten und/oder Architektur gebe, die oberflächlichen Künstler, denen die Nutzung egal ist und die, die funktionierende Gebäude entwickeln. Diese Sichtweise ist nicht haltbar. Man muss beides wollen und man kann beides schaffen.


An den eingegangenen Beiträgen erkenne ich und bedauere sehr, dass kein ernsthafter Wille vorhanden ist, sich in die zugegeben umfangreiche Materie des ME zu vertiefen. Stattdessen wird das Ganze als „Steilvorlage“ betrachtet, um des Kritikers Steckenpferd „Gestaltung“ zu reiten. Wer aber z.B. eine Torte vor sich stehen hat und diese ohne sie probiert zu haben nur nach ihrer Form und Dekoration beurteilen will denkt oberflächlich und kann nur ein beschränktes Urteil abgeben. Es steht daher, nach reiflicher Überlegung meinerseits, mein Entschluß fest, mich endgültig von tektorum zu verabschieden.
Joh.

Meine Antworten an Tom

Tom schreibt:
„Ich sehe Ihr ME-Konzept durchaus als Ganzes, ...“

Meine Antwort:
Das glaube ich Ihnen nicht. Sie haben sich damit in Gänze noch nicht auseinandergesetzt!

Tom schreibt:
„.... Ihre Vorstellungen von dem gegenwärtig an den Hochschulen vertretenen Grundkonsens abweichen.“

Meine Antwort:
Gott sei Dank!

Tom schreibt:
„Ihr Konzept misst Nutzungserwägungen eine weit überproportionale Bedeutung zu ....“

Meine Antwort:
Weil dieser sooo wichtige Aspekt bei den Künstlerarchitekten beim Entwerfen von Objekten immer vernachlässigt wird.

Tom schreibt:
„ .. und lässt Fragen der Ästhetik einfach unter den Tisch fallen („Peanuts“).

Meine Antwort:
Wenn ich mir die Gebäude anschaue, die z.B. seit 1945 in der BRD entstanden sind, so erblicke ich eine bauliche Masse, die zu 90 % als Baumüll zu bezeichnen ist. All’ diesen fehlt es an der „Poesie“ á la Goethe. Das trifft nicht nur auf Einzelgebäude zu, sondern auch in Bezug auf das Städtebauliche. Ödheit lässt grüßen! Wer ist schuld an diesem Desaster?
Eine wichtige und herausfordernde Frage, die mal eingehend in tektorum diskutiert werden sollte.

Tom schreibt:
„In einem früheren Thread haben Sie suggeriert, dass es zwei Arten von Architekten und/oder Architektur gebe, ....Man muß beides wollen und man kann beides schaffen.“

Meine Antwort:
Da haben Sie vollkommen recht. Nur stört mich das Wort „suggeriert“. Wie ich bereits sagte, ist das Unterrichtsmodell ME eine Kombination von beiden, ob es Ihnen passt oder nicht.
Joh.

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Ehem. Nutzer is on a distinguished road

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Datum: 15.02.2006
Uhrzeit: 22:33
ID: 13857



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Zitat:
Originally posted by noone
Zitat: "Die Gruga-Schildkröte hat der gesamten Entwurfsidee Pate gestanden. Jörn v.d. Heiden: "Zum einen entsprechen die Sechsecke ihres Panzers der Wabenform der Aquarien und Biotope im Inneren. Zum anderen soll der gesamte Bunker äußerlich eine Schildkröten-Form erhalten."
An den eingegangenen Beiträgen erkenne ich und bedauere sehr, dass kein ernsthafter Wille vorhanden ist, sich in die zugegeben umfangreiche Materie des ME zu vertiefen. Stattdessen wird das Ganze als „Steilvorlage“ betrachtet, um des Kritikers Steckenpferd „Gestaltung“ zu reiten. Wer aber z.B. eine Torte vor sich stehen hat und diese ohne sie probiert zu haben nur nach ihrer Form und Dekoration beurteilen will denkt oberflächlich und kann nur ein beschränktes Urteil abgeben. Es steht daher, nach reiflicher Überlegung meinerseits, mein Entschluß fest, mich endgültig von tektorum zu verabschieden.
Joh.

Noone schreibt:
„Es würde mir leid tun, wenn Sie schon jetzt der Diskussion den Rücken kehren, .sind in Ihrem Lehrmodell doch interessante Thesen angesprochen, die ich hier in der Diskussion gerne vertiefen möchte.“

Meine Antwort:
Ich danke Ihnen für Ihre insgesamt aufmunternden Worte. Trotzdem verlasse ich tektorum. Sorry! Bitte sehen Sie sich diesbezüglich meine Beiträge an Tobias, Tom und Maller an.
Joh.

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