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Oliver is on a distinguished road

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Datum: 01.05.2003
Uhrzeit: 18:40
ID: 1640



Architektur im 21. Jhd.

#1 (Permalink)
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Was denkt Ihr, wie die Architektur im 21. Jahrhundert
aussehen wird ?
Wird es weiter in Richtung "minimalistische Bauweise" gehen
oder wird eine Renaissance des traditionellen Stiles kommen ?
Oder kündigt sich gar, ganz was NEUES an ?

Wenn man sich die Fassaden in den "Normalo"-Wohngegenden
so anschaut, fällt mir immer dieser "Einheitsbrei" auf.
Plane Fassaden ohne viel Schnörkel. Selten mal "interessante"
Architektur. Alles möglichst billig gebaut und "billig" im Aussehen.

Ist es nicht möglich, durch eine geschickte Wahl der Materialien,
den Preis günstig zu halten. Und gleichzeitig eine anspruchsvollere
Fassadengestaltung, wie sie z.B. bei Gründerzeithäusern
anzutreffen ist, zu bekommen ?

Auch die Begrünung scheint mir sehr vernachlässigt. Ich finde,
gerade unsere Städte brauchen wieder Bäume und Büsche.
Hier wäre eine Zusammenarbeit "aller" Architekturrichtungen
sehr zu wünschen.

Also, was meint Ihr ? Wie sieht unsere Zukunft aus ?

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Florian is a name known to all Florian is a name known to all Florian is a name known to all Florian is a name known to all Florian is a name known to all Florian is a name known to all

Beitrag
Datum: 01.05.2003
Uhrzeit: 19:19
ID: 1641



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Vermutungen darüber anzustellen, wie die Architektur sich in den nächsten 97 Jahren verändern wird, macht glaube ich nicht so viel Sinn, es sei den man möchte einen SiFi Film drehen, denn es bleibt hypothetisch.
Allerdings kann man von einigen Annahmen ausgehen.
Zuvor aber noch etwas anderes: Scheinbar macht für Dich die Gestaltung der Fassade den wesentlichen Aspekt der Architektur aus, dabei ist das doch nur die Fassade. Architektur ist aber weit mehr als das!
Ich bin mir nicht sicher ob man momentan von „ minimalistischer Bauweise“ reden kann, zumindest habe ich dieses Gefühl bei den Neubauten hier in Berlin ganz und gar nicht. Das die Wohnhäuser aus den letzten Jahrzehnten zu einem großen Teil auch innen tatsächlich minimalistisch ausgefallen sind, liegt an den Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau und den damit einhergehenden Auflagen...
Viele Verzierungen die früher die Bauten schmückten waren eigentlich nur Vertuschungen von Baufehlern. Der Stuck an der Decke z.B. sorgte dafür, dass man die Risse, die immer zwischen Wand und Deck auftraten nicht sieht.
Es ist wohl Geschmackssache, ob man Vierziehrungen schön findet, oder doch lieber das Schlichte mag.
Ist ein Straßenzug ausschließlich mit Gründerzeithäusern denn kein „Einheitsbrei“? Letztlich sehen sie doch auch alle gleich aus.
Billig wurde eine zeitlang gebaut, weil die Leute sonst die Mieten nicht hätten zahlen können, aber mittlerweile ist das eigentlich nicht mehr der Fall, da vielerorts exklusives Wohnen und Arbeiten angesagt ist.
Die Begrünung von Gebäuden ist z.T. ja gar nicht so schlecht, aber zieht auch so einige Probleme nach sich. Zum einen Schaden viele Kletterpflanzen dem Gebäude, da die Wurzeln (?) sich in Fugen und Rissen festhalten zum anderen müssen dies Pflanzen auch gepflegt werden, da sie keinen Unterschied zwischen Wand und Fenster machen.
In den 60er und 70er Jahren wurden viele städtebaulichen Konzepte mit viel Grün ausgeführt, z.B. das Hansa Viertel in Berlin, aber wirklich wohnlich finde ich das dort auch nicht und vor allem nicht städtisch – alle 50m ein Wohnturm umgeben von „Wald“...

Aber nun mal zu Deiner ursprünglichen Frage:
Ich denke, dass sich in Zukunft besonders ökologische und soziale Themen auf die Architektur auswirken werden.
Allein die Wärmeschutzverordnungen fördern ökologische Gebäudetechniken. Persönlich halte ich von Sony-Center in Berlin nicht besonders viel, aber interessant an diesem Gebäude ist, dass durch die Glasfassade mehr (Wärme)Energie im Winter gewonnen wird, als bei einer Lochfassade und dadurch enorme Energiekosten über das Jahr hinweg gespart werden können (laut Recknagel Taschenbuch für Heizungs- und Klimatechnik so weit ich mich erinnere).
Bei den sozialen Aspekten wird vermutlich noch viel Unfug passieren, aber aus den Fehlern kann man ja lernen...

Grüsse
Florian
__________________
Florian Illenberger

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Oliver is on a distinguished road

Beitrag
Datum: 01.05.2003
Uhrzeit: 21:07
ID: 1642



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Hallo Florian,
Du schreibst, dass durch die Glasfassade mehr Energie als
bei einer Lochfassade gewonnen wird. Und dadurch
enorme Energiekosten eingespart werden können.
Das ist natürlich sehr schön.

Aber:
Bedeutet das, dass wir es in Zukunft vermehrt mit Glasfassaden
zu tun haben ?
Ich meine Glas ist ja (weitesgehend) ein 2D-Werkstoff, der also
sehr wenig Gestaltungsspielraum zulässt. Es würde also
vermehrt flächige Fassaden geben, ohne Verzierungen und
farbige Akzente. Ich fände es eigentlich sehr schade, wenn
es dazu kommen würde. Nach dem "grau in grau" der 50er, 60er
Jahre Architektur würde dann die Phase der "gesichtlosen"
Architektur kommen. Ohne Profil und Farbe.

Gibt es denn nicht die Möglichkeit, eine Fassade aus Stein zu
errichten, die ebenfalls den energetischen Ansprüchen der
heutigen Zeit Rechnung trägt ?
Ein Stein strahlt "optisch" Wärme aus. Ein psychologischer Effekt.
Im Gegensatz dazu wirkt Glas auf mich kühl und man fühlt sich
schutzlos. Einfach unwohl.
Ausserdem besitzt Stein den Vorteil, dass man dem Bauwerk ein
Profil geben kann, so wie es früher in vielerlei Bauten gemacht wurde.

Ich wünsche mir eigentlich, dass die Architekten wieder ihr
eigentliches Können zeigen. Nämlich aus einem Bauwerk "Baukunst"
zu machen. Es ein Profil geben.
Denn einen "Kubus" mit Tür und Fenstern drin kann ich auch bauen.
Da benötige ich keinen Architekten mehr. (bin Physikstudent)

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Beitrag
Datum: 02.05.2003
Uhrzeit: 18:50
ID: 1645



Die Fassade als Malfläche? #4 (Permalink)
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Na, ob Du einen Kubus mit Fenstern und Türen bauen könntest, der allein schon den Anforderungen an ein DIN-Norm-gerechtes Bauen entspricht, möchte ich mal dahingestellt lassen. Der Popkunst wird ja auch oft nachgesagt - "na das kann ich auch"... Architekt sein ist weit mehr als gestalterisch kreativ tätig zu werden!

Grundsätzlich spricht nichts gegen Stein- oder Mauerwerksfassaden. Ich habe aber den Eindruck, daß die massive Verwendung von Glasfassaden wohl auch etwas mit dem Wunsch nach Transparenz (auch im übertragenen Sinne) zu tun hat - zumindest im Industriellen und Öffentlichen Bereich. Bei reinen Glasfassaden ist eine Reliefausbildung der Oberflächen natürlich wirklich schwierig, aber heutzutage gibt es dafür schon unzählige Techniken, die Oberfläche von Glas so zu behandeln, daß sie unterschiedlichste Effekte ermöglichen. Auch kann man sie mitlerweile farbig bedrucken (Herzog & de Meuron sind ein interssantes Büro, das viel mit diesen Techniken arbeitet). Neben Glas werden verschiedene Kunststoffe zu einem interessanten Werkstoff, mit dem man z.B. Membranen entwickeln kann, die wiederum farbig hinterleuchtet werden können o.ä. . Es gibt eigentlich unzählige neue Technologien, die es erlauben über den historischen Fundus an üblichen Bauweisen hinauszublicken. Das soll aber nicht heißen, daß man diese erprobten Wege der Architektur vergessen oder vernachlässigen sollte. Was bis heute steht und Anklang findet, kann ja nicht gänzlich verkehrt sein :-) .

Der häufige Verzicht auf Ornamentik hat sicher auch etwas mit dem Erbe der "klassischen Moderne" zu tun. Dort wollte man ja allem Dekorationstum und Historismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts den Krieg erklären und wieder zu den geometrischen Grundelementen der Architektur zurückkehren. Viele erfolgreiche Architekten kommen aus einer Generation die dadurch enorm geprägt war. Im Gegensatz - oder in Weiterentwicklung - dazu erlebte man ja in der Phase der Postmoderne plötzlich eine Wiedergeburt der Symbolsprache, die dann aber wieder so ins bodenlos Oberflächliche abgedriftet ist, daß ich viele Bauten der späten 70er und 80er Jahre mehr als scheußlich und willkürlich finde.

Ich glaube auch nicht, daß das Ankleben von Verziehrungen etwas mit guter Architektur zu tun hat. Sie ist eigentlich vielmehr Ausdruck von mangelnder Aussagekraft eines Gebäudes, möchte meist von vorhandenen Qualitätsmängeln "ablenken".
Für mich kommen Reliefausbildungen in der Fassade vor allem zur optischen Gliederung in Frage oder um vielleicht ein dahinterstehendes Tragsystem anzudeuten. Jedenfalls nicht als "Malfläche", sondern als Ausdruck der Architektur. Zur Unterstreichung des Charakters, aber nicht als Ersatz für einen solchen.
Glas, Stahl und Beton sind für städtische Bauten eben die Werkstoffe, die ein hohes Maß an Flexibilität in Bezug auf ihre Einsatzmöglichkeiten bieten. Im Wohnungsbau könnte und sollte man vielleicht auch wieder etwas mehr Vielfalt ermöglichen, aber mit niedlichen Altbaukopien im mittelalterlichen Stadtkernstil wird die Welt - meiner Meinung nach - auch nicht lebenswerter.

Grüße,
Samy

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Beitrag
Datum: 03.05.2003
Uhrzeit: 16:40
ID: 1648



Re: Die Fassade als Malfläche? #5 (Permalink)
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Zitat:
Ich glaube auch nicht, daß das Ankleben von Verziehrungen etwas mit guter Architektur zu tun hat. Sie ist eigentlich vielmehr Ausdruck von mangelnder Aussagekraft eines Gebäudes, möchte meist von vorhandenen Qualitätsmängeln "ablenken".
Für mich kommen Reliefausbildungen in der Fassade vor allem zur optischen Gliederung in Frage oder um vielleicht ein dahinterstehendes Tragsystem anzudeuten. Jedenfalls nicht als "Malfläche", sondern als Ausdruck der Architektur. Zur Unterstreichung des Charakters, aber nicht als Ersatz für einen solchen.
Glas, Stahl und Beton sind für städtische Bauten eben die Werkstoffe, die ein hohes Maß an Flexibilität in Bezug auf ihre Einsatzmöglichkeiten bieten. Im Wohnungsbau könnte und sollte man vielleicht auch wieder etwas mehr Vielfalt ermöglichen, aber mit niedlichen Altbaukopien im mittelalterlichen Stadtkernstil wird die Welt - meiner Meinung nach - auch nicht lebenswerter.
Wieso wird von eurem Berufsstand Rückbesinnung auf traditionelle Architektur immer so verächtlich abqualifiziert? "Ankleben" "niedliche Altbaukopien", "Malfläche" das ist ein Vokabular, mit dem alles, was irgendwie eine klassische, historisierende Formensprache hat als minderwertig und "unehrlich" dargestellt wird. Fragt jemand danach, wann das Hotel Adlon in Berlin gebaut wurde? Das ist nicht entscheidend, hier wurde ein Gebäude errichtet, das seinen Vorgängerbau zitiert und mit klassischer Eleganz die anderen Neubauten - teilweise jämmerlich mißlungene Experimente wie die neue französische Botschaft- locker in den Schatten stellt.
"Für mich kommen Reliefausbildungen in der Fassade vor allem zur optischen Gliederung in Frage oder um vielleicht ein dahinterstehendes Tragsystem anzudeuten. "
Hier bin ich absolut NICHT ihrer Ansicht, eine Fassade darf, ja MUSS mehr bieten als eine gliedernde Haut.Bis die klassische Moderne Einzug hielt, gehörte es selbstverständlich dazu, eine Fassade mit Ornamenten und Dekorationen zu bereichern, genau das zeichnete die Bauwerke aus, machte sie unverwechselbar und schön.Sehen sie sich Gebäude im Art Deco stil an und fragen sie sich ob ihre Aussage daß Ornamente Ausdruck von mangelnder Aussagekraft eines Gebäudes und Ablenkung von Qualitätsmängeln seiein, wirklich der Wahrheit entspricht. Is es nicht vielmehr so, daß heute gerade jene Gebäude wieder abgerissen werden, die nach dem Prinzip das sie vertreten gebaut wurden? Funktionalismus, Verzicht auf jeglichen Fassadenschmuck oder Formenvielfalt und nur Produkte moderner Baustoffe und -techniken?
Nach diesen Leitlinien kann man heute Architektur nicht mehr praktizieren, besonders wenn man es mit dem Begrif NACHHALTIGKEIT ernst meint. Sind es nicht gerade Bauwerke die VOR der klassischen Moderne kamen, die Jahrhunderte überdauern ohne sich in ihrer Ästhetik abzunutzen? Jeder normale Mensch weiß was ich sagen will, nur Sie, die sie es in der Hand hätten, wieder echte Baukunst zu schaffen,werden sich wohl zu Lebzeiten nicht mehr überzeugen lassen. Dazu wird wohl erst die nächste Generation bereit sein.

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Datum: 03.05.2003
Uhrzeit: 17:13
ID: 1649



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Samsarah schrieb...

Für mich kommen Reliefausbildungen in der Fassade vor allem zur optischen Gliederung in Frage oder um vielleicht ein dahinterstehendes Tragsystem anzudeuten. Jedenfalls nicht als "Malfläche", sondern als Ausdruck der Architektur.

Naja - Eine mir etwas suspekte Erklärung von Gestaltungswillen, weil ich hier einen Widerspruch zu erkenn glaube.

Das, was Samsahra anspricht und der Oliver sucht, wird meiner Meinung durch einen Internet-Beitrag sehr schön sichtbar.
Aus dem Käse- und Baguette-Ländle gibt es spürbare Aufbruch-Tendenzen, wo jetzt die Architektengeneration zum Zuge kommt, die durch Studium von Architektur und von den "Beaux-Arts wie Szenographie und Fotografie etc." (!!) geprägt ist und in der Tat mit der angeblich viel gefragten transparenten Fassadendemokratur brechen und sich der "Baukunst" widmen.

Nähere Informationen, die ein Gegenteil "minimalistischer Architekturszenarien" beweisen, sind unter

http://www.france.diplomatie.fr/labe...ecture/03.html

aufzufinden.

Oliver's Wunsch, dass Architekten wieder ihr eigentliches Können zeigen, müsste anders formuliert sein, denn gerade in heutiger Zeit diametral gegenüber stehenden "Architekturströmungen" fällt es zumindest mir sehr schwierig, Qualitäten des nicht vergleichbaren Könnens und Schaffens von Architekten objektiv zu bewerten. Damit ist das Begriffliche vom "eigentlichen Können" schwer zu definieren, besser ist es doch die Baukünstler nach ihrem Verständnis im Umgang der Bauhistorie und der damit verbundenen Translation für heutige Massstäbe zu bewerten. Es ist auffällig, dass grosse Architketen immer den Weg in die Kunstgeschichte genommen haben.

Mein Traum von Architektur des 21. Jahrhundert ist es, dass die ökologische, materialistische oder soziologische Vernunft der Architektur die Ornamentik als "angeklebte Verzierung" wiederentdeckt. Es ist doch die Frage nach einer sinnfälligen Konnotation oder Denotation von Erfahrungen der Baukünstler.

Eine solch verständliche visuelle Ikonographie, wie es für das Bauprogramm romanischer Kirchen üblich war, um analphabetische Gläubige "Ehrfurcht" zu vermitteln, wäre für mich eine Herausforderung neuer Architekturtendenzen. Im "Muschelsuchen" sollten hier keine (geschichtlichen) Grenzen gesetzt sein. Ich finde es übrigens echt schön, wenn geschichtliche Allegorien unverkennbar deutlich werden, weil ich dann selbst bei scheusslich überladenen "Bilderbuch-Fassaden" ein soziales Engagement von "DAR_STELLUNG" spüren kann. Wer natürlich sein Bauwerk so "reduzieren" kann, ohne dabei seinen Bau "machtlos" erscheinen zu lassen, ist ein wahres Genie.

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Datum: 03.05.2003
Uhrzeit: 17:16
ID: 1650



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Dieser Text wurde aus dem englischen übersetzt und enthält daher evtl. kleinere fehler in der Formulierung, dennoch hier EINE Vision für Architektur und Städtebau im 21. Jhdt.

Council for the European Urbanism:


Gründung eines europäischen Netzwerkes für Städtebaureform in Brüssel/Brügge



Sprachlosigkeit und Separatismus, Lagerbildung und Abschottung kennzeichnen allzu oft die Situation in den fachlichen Debatten Europas _ auch im Städtebau. Was aber tun? Ein ungewöhnlicher Personenkreis unterschiedlicher Professionen und Positionen kam in der ersten Aprilwoche zusammen, um den Council for European Urbanism, ein europaweites Netzwerk für den Umbau der Städte und Regionen, zu gründen. Eingeladen hatte eine europäisch-amerikanische Initiative, der Eurocouncil. 75 Vertreter aus nahezu allen westeuropäischen und wenigen osteuropäischen Ländern sowie den USA waren der Einladung zu diesem informellen Treffen gefolgt. Organisiert hatte es der belgische Unternehmer Christian Lasserre. Symbolträchtig und mit Bedacht waren die europäische "Hauptstadt", Brüssel, und die altehrwürdige Nachbarstadt Brügge als Begegnungsstätten ausgewählt worden.



Schillernd bot sich das Spektrum der Teilnehmer dar: Neoklassizistische Architekten aus Portugal oder Italien um den "Papst" der Szene, Leon Krier, waren ebenso vertreten wie Planer aus der Schule des modernen Wohnungsbaus der Niederlande oder Schwedens. Institutionen wie die Prince´s Foundation (London), IPHS (International Planning History Society) und INTBAU (England und Norwegen) sowie Architekten, Developer, Soziologen, Verkehrs-, Stadt- und Regionalplaner markierten das Spektrum derer, die eine Städtebaureform im sich wandelnden Europa für notwendig halten. Sicher war dies keine repräsentative Gruppierung, die da zusammenkam, und schon gar nicht war sie irgendwie legitimiert: Doch die Herausforderungen, die sich aus der EU-Erweiterung, vor allem aber aus dem Wandel der Städte selbst ergeben, ermuntern zu einem grenzenüberschreitenden, vernetzenden Handeln.



Beflügelt wurde die Debatte durch die Vertreter des amerikanischen New Urbanism, einer vor 10 Jahren entstandenen Bewegung gegen den suburban Sprawl, gegen die Zersiedlung und Desurbanisierung der USA. Bemerkenswert für die europäischen Akteure ist vor allem der interdisziplinäre Charakter und die konsequente Praxisorientierung dieser Bewegung. Die Ziele des Congress for the New Urbanism (CNU) und die Bedingungen, unter denen in den USA eine Reform auf den Weg gebracht wurde, sind allerdings sehr verschieden von denen Europas. Daher bietet der New Urbanism zwar Anregungen, kann aber nicht einfach kopiert werden.



Im Zentrum der Debatte stand denn auch zunächst die vorhandene alte Stadt in Europa: Ihrer Erneuerung bzw. Rekonstruktion galt die Aufmerksamkeit. Es zeigte sich aber bald, dass die Hauptprobleme weiter gefasst werden müssen: Die gigantischen Neubaugebiete an den Rändern der Städte, insbesondere in den mittel- und osteuropäischen Ländern, die sogenannten Plattenbaugebiete, die zwischen Sheffield und Moskau das Bild der "europäischen Stadt" prägen, avancierten zum "Top-Thema" der Zusammenkunft. Die "Slab-Urbs" sind ein wenig das Gegenstück zum amerikanischen Sprawl. Ein Katalog von insgesamt "13 Herausforderungen" fand die Zustimmung der Teilnehmer, der als Basis für eine weiterführende Debatte, ja als Einstieg in den Aufbau eines europäischen Netzwerkes für Städtebaureform dient:



1. Unzulängliche Wohngebiete: Großsiedlungen in Plattenbauweise sowie wenig verdichteter Siedlungsbrei

2. Separierte öffentliche Funktionsbereiche: Gewerbe-Parks, Einkaufs- und Unterhaltungszentren "auf der grünen Wiese"

3. Zunahme an "Wegwerf-Bauten"

4. Verschwinden von lokalen, regionalen und nationalen Besonderheiten

5. Entwertung des öffentlichen Raumes

6. Autodominanz des Transportsystems

7. Inakzeptable Gestaltung von Straßen und Wegen

8. Unverbundene Straßennetze

9. Autokratische Planung und Überregulierung

10. Verfall und Aufgabe von Dörfern und ländlichen Strukturen

11. Maßstabsprengende Implantate in historischen Stadtgebieten

12. Voreingenommenheit gegenüber kontextueller Gestaltung in historischen Gebieten seitens der Charta von Venedig und Krakow

13. Mangelnde regionale und soziale Kohäsion.



Mit der Fixierung dieser "Herausforderungen" ist die Diskussion keineswegs abgeschlossen. Im Gegenteil, sie dauert an und präzisiert die Inhalte weiter, bis diese dann im Herbst als gemeinsames Verständnis der Problemlagen in den europäischen Städten in eine Charta einfließen können.



Ob Neoklassizist oder Bauhaus-Verehrer, ob Developer oder Dorfgestalter, ob Stadtsoziologe oder Plattenbausanierer, in diesen Punkten fanden alle Teilnehmer ihre gemeinsame Basis für eine strategisch anzulegende Reform. Besonders betont wurde die Offenheit des Netzwerkes für alle, die sich dem Anliegen einer Erneuerung des Städtebaus verpflichtet fühlen. Keine berufständischen Zugehörigkeiten, keine stilistischen Auffassungsunterschiede oder gesellschaftlichen Positionen bestimmen die Mitarbeit _ ein ehernes Anliegen jedenfalls, das die oft festzustellenden Kommunikationsbarrieren überwinden will. Gleichzeitig sollen die bereits vorliegenden Reformvorschläge und die zahlreichen Projekte partnerschaftlich diskutiert werden.



Damit konnte der Grundstein gelegt werden für den Aufbau des "Council for European Urbanism" (CEU). Im Oktober 2003 soll in Stockholm das nächste Treffen folgen. Eine Charta und eine Projektliste, die entlang der Kriterien dieser 13 Punkte Ziele und Möglichkeiten einer Städtebaureform in Europa veranschaulichen und damit natürlich zur Debatte aufrufen soll, sind in Arbeit. Erste nationale Netzwerke gründen sich bzw. sind in der Diskussion. Das CEU_German Network ist im Aufbau und wird sich im November in Wittenberg erstmals treffen.



Und dann richtet sich der Blick auf den weiteren Höhepunkt der Kommunikation: 2005 soll ein Weltkongress der beiden nichtstaatlichen Netzwerke für Städtebaureform, CNU und CEU, stattfinden.



Kontakte:

CEU_German Network: Harald Kegler (Sprecher) harald_kegler@yahoo.com sowie

http://www.CEU-net.org



Gründungsvertreter im CEU aus Deutschland sind:

Harald Bodenschatz, Duane Phillips, Karl-Heinz Maschmeier, Harald Kegler

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Datum: 03.05.2003
Uhrzeit: 17:29
ID: 1651



VDH's Anhang #8 (Permalink)
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Die Punkte aus dem Forderungskatalog entsprechen dem Wunsch von einem Geodesign in einem wieder mal "gegründetem" europäischen Netzwerkes für Städtebaureform in Brüssel/Brügge.

Das wäre einer Diskussion im Forum des Städtebaus wert.

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Datum: 03.05.2003
Uhrzeit: 17:36
ID: 1652



VDH's Anhang #9 (Permalink)
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Die Punkte in dem "Wunschkatalog" sind keine neuen Formulierungen. Bedurfte es hierzu einem "neugegründetem" europäischen Netzwerke für Städtebaureform in Brüssel/Brügge?

Die unüberschaubare Netzwerklandschaft von urbanem Geodesign wäre einer Diskussion im Tektorum-Forum wert.

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Datum: 04.05.2003
Uhrzeit: 12:23
ID: 1664



Die geltenden Architektendogmen... #10 (Permalink)
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Zitat:
Ist es nicht möglich, durch eine geschickte Wahl der Materialien,
den Preis günstig zu halten. Und gleichzeitig eine anspruchsvollere
Fassadengestaltung, wie sie z.B. bei Gründerzeithäusern
anzutreffen ist, zu bekommen ?
Klar, es ist möglich. Aufgrund des Dogmas: "Ornamente sind Verbrechen" wird es selten gemacht - dafür versucht man ab und zu (z.B. sog "Dekonstruktivismus") eine Kuriose Form zu entwerfen, die im Endeffekt die Baukosten weit mehr erhöht!

Zitat:
Oder kündigt sich gar, ganz was NEUES an ?
Es wäre nett, jemand würde versuchen, eine neue Ornamentik des 21 Jh. zu finden. Nur: Wer hat genügend Mut, die geltenden Architektendogmen zu brechen?

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Datum: 04.05.2003
Uhrzeit: 20:16
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Zitat:
dafür versucht man ab und zu (z.B. sog "Dekonstruktivismus") eine Kuriose Form zu entwerfen, die im Endeffekt die Baukosten weit mehr erhöht!
Nachweis, Herr Peisert?
Coop Himmelblau behauptet nämlich das Gegenteil.

PS. Wieso diskutieren Sie eigentlich nicht mit demselben Tonfall wie bei internetboom? Angst, daß man Sie hier rauswirft, Angst, die Studenten zu verprellen?

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Datum: 04.05.2003
Uhrzeit: 21:12
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Sieh an, der Herr J-C Rößler-wie klein die welt doch ist.
ich darf mich wieder beeindruckt zeigen, dass ihr hang diskussionen auf eine persönliche ebene herunterzuziehen scheinbar nach wie vor teil ihres argumentationsstiles ist.
ich erlaube mir die gegenfrage zu stellen: weshalb beteiligen sie sich nicht an der diskussion innerhalb der "internetboom"-seiten?
sie sollten ein minumum an diskussionbereitschaft und respekt gegenüber anderen meinungen haben, trotz ihrer sicherlich ermüdenden bekehrungskreuzzüge durch die einschlägigen reko-foren.

P.S. dieser zugegebenermassen etwas überflüssige post bezieht sich auf endlose flamewars innerhalb des gästebuchs der gesellschaft historischer neumarkt dresden ( GHND ) und dem forum des fördervereins beliner schloss e.v.
möge ein solcher bitte nicht mehr stattfinden

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Datum: 04.05.2003
Uhrzeit: 21:16
ID: 1674



Antwort #13 (Permalink)
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Herr Prokovjev (oder Thelen, wenn ich recht vermute),
ich finde die Antwort auf meine klare Frage mehr als beeindruckend. Wirklich.

Gruß,


PS. Ich hab überhaupt nichts gegen den Hummel-Entwurf für Dresden (bis auf kleine Details, die m.E. nicht gut sind) und ebensowenig etwas gegen "New Urbanism" und andere traditionshafte Strömungen, bin keineswegs ein Stahl-Glas-Fetischist. Nur gegen Rekos hab ich was. Und eine Frage hab ich gestellt.

Geändert von jcr (04.05.2003 um 21:31 Uhr).

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Datum: 07.09.2003
Uhrzeit: 13:20
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Eine Glasfassade nimmt in den meisten Fällen kaum Energie auf. Sie wird zu schnell verbraucht. Jeder normal denkende Mensch weiß, dass mit den nötigen Katilastoren ein Altbau weitaus wirtschaftlicher betrieben wird und mehr Energie aufnimmt als eure Glasschachteln. Noch zu denken, dass diese Kisten schön seine grenzt an Geschmacksverwirrung.

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Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice Tom is just really nice

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Datum: 12.08.2004
Uhrzeit: 20:50
ID: 4496



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Moderne "Glasschachteln" fangen mehr Sonnenenergie ein als manchem lieb ist. Diese Wärme zu managen, d.h. zu dosieren, zu speichern, zu kanalisieren ist eine Kunst. Jede noch so kleine Fensteröffnung, die nicht nach Norden orientiert ist, bringt über das Jahr betrachtet einen Energiegewinn.

Aber von solchen Details abgesehen, würde mich interessieren: Lehnen die Leute, die sich hier gegen moderne Bauauffassungen aussprechen, modernes (Produkt-) Design, moderne Kunst & Skulptur, moderne Malerei ebenso ab? Moderne Musik? Moderne Literatur? Modernen Tanz? Moderne Mode?

Wir haben es doch schon längst mit einer aufgeklärten Moderne zu tun, die allen Sehnsüchten nach interessanten Oberflächentexturen, spannungsvollen Material-Kombinationen und "sinnlichen" Erfahrungsräumen zu entsprechen versucht. Seelenloser, vulgär-moderner Beton-Brutalismus war einmal - und tut jedem jetzt lebenden Architekten auch weh. Jeder, der sich außer der historischen Stuckfassade nichts Schöneres, Beglückenderes vorstellen kann, ist damit natürlich nicht zu trösten /besänftigen.

Die architektonische Moderne war aber doch mehr als der Verzicht auf Ornamentik: Sie hat völlig neue Gebäudetypen, Konstruktionsweisen, Grundrissstrukturen, Raumkonzepte hervorgebracht. Jüngere, gelungene Wohnbauten für die "Neuen Lebensstile" (i.e. WGs, alleinerziehende Mütter, pflegebedürftige Ältere, etc.) zeigen doch, dass diese Gesellschaft innovative architektonische Lösungen braucht - die Altbauwohnung im Gründerzeithaus, maßgeschnitten für die kleinbürgerliche, rechtgläubige Standard-Familie, mit langem dunklem Mittelgang, innenliegendem Minimalbad und abgezirkelten Raumzellen ist doch nicht das Nonplusultra für alle Zeiten!

Ebenso erfordern die Umbrüche in der Arbeitswelt und in den Unternehmenskulturen neue Ansätze, die den gewandelten Nutzeransprüchen gerecht werden. Gleiches gilt für Freizeit- und Kultureinrichtungen, für Kaufhäuser, Arztpraxen und sogar Parkbänke und öffentliche Toiletten. Es gibt gute alte und gute, zeitgemäße neue Architektur - schlechte neue gegen vermeintlich generell "gute alte" auszuspielen, ist nicht besonders redlich ...


T.

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