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timtonnendach: Offline


timtonnendach is on a distinguished road

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Datum: 17.12.2009
Uhrzeit: 19:33
ID: 36820



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #46 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von Archimedes Beitrag anzeigen
Diese Leute können mir nicht leid tun, denn die haben nach dem Studium einfach das getan was sie im Studium "gelernt" haben und nicht mehr: Entwerfen

Mag sein, daß es noch reine Entwurfsarbeitsplätze gibt, aber in meinen Augen gehört deutlich mehr zum Architekten und zur Architektur. Leider wird das manchen Leuten viel zu spät gesagt.

mir tut das auch nicht Leid - eigentlich fand ich das schon im Studium furchtbar, wenn jemand sich kein Stück für das eigentliche bauen interessierte (von Kosten über Statik bis zur Werkplanung, die ich eigentlich für einen der interessantesten und am Ende auch für das Endergebnis am wichtigsten seienden Aspekte des Bauens halte).

Naja, jeder wie es ihn glücklich macht - ich bin eigentlich ganz froh, dass man nicht nur kreativ sein muss! Immerhin sind wir ja Diplom-Ingenieure!

Mit freundlichen Grüßen
Timtonnendach

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ehem. Benutzer
 
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June: Offline

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June is on a distinguished road

Beitrag
Datum: 25.12.2009
Uhrzeit: 22:23
ID: 36881



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #47 (Permalink)
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ich bin auch am überlegen ob ich architektur studieren soll und ich habe schon sehr viele diskussionen durchgelesen. bei den meisten anmerkungen habe ich mir gedacht, das sind dinge die ich mir aneignen kann oder dinge die mir sogar schon liegen. auch sie rarität gut bezahlter jobs ist mir bewusst.
doch leute ihr habts geschafft mir richtig richtig richtig muffensausen zu machen. das klingt alles so unglaublich pessimistisch. gibt es auch sachen weswegen ihr es auf jeden fall empfehlen würdet architektur zu studieren?
lg, June

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Tobias: Offline

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Tobias is on a distinguished road

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Datum: 29.12.2009
Uhrzeit: 11:44
ID: 36907



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #48 (Permalink)
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Hallo June,

was du auf jeden Fall nicht machen solltest, dir deine Meinung ausschließlich in Internetforen zu bilden. Egal in welchen Foren man sich tummelt, die Zahl der Pessimisten und Miesmacher ist hier in der Regel höher als die der Optimisten. Wem es gut geht, schreibt darüber nichts in Foren, vor allem wer unzufrieden ist und Verstädnis sucht, nutzt diese Medien.

Natürlich gibt es auch eine Vielzahl von positiven Aspekten, weswegen man Architektur studieren sollte. Nicht ohne Grund tun dies heute immer noch sehr viele. Klassische Arbeit als Architekt findet man zwar, jedoch ist hier die Entwicklungsmöglichkeit und die Verdienstmöglichkeit nicht die Beste. Natürlich macht es Spaß, ein Bauwerk vom ersten Federstrich bis zur Übergabe an den Bauherren zu begleiten, jedoch ist das Berufsfeld des Architekten heute viel größer.
Es gibt Gutachter, die sich im Bereich der Bauschäden ihr Brpt verdienen. Projektentwickler treiben große Projekte voran und kümmern sich mehr um die wirtschaftlichen und kaufmännischen Aspekte, ein ehem. Studienkollege entwirft mittlerweile die Umgebung und Gebäude in PC-Spielen, usw.
Das Studium der Architektur bietet dir nach Abschluß eine recht breite Palette und Arbeitsgebieten, wie ich die nur aus dem Bereich BWL und VWL kenne.
Die Grundqualifikation eines zukünftigen Architekten solltest du auf jeden Fall haben, und dazu gehören u.a. dreidimensionales Vorstellungsvermögen, Durchsetzungs- und Überzeugungskraft, zeichnerisches und künstlerisches Geschick, mathematisches Verständnis usw.

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Datum: 29.12.2009
Uhrzeit: 12:34
ID: 36909



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #49 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von Tobias Beitrag anzeigen
Hallo June,

was du auf jeden Fall nicht machen solltest, dir deine Meinung ausschließlich in Internetforen zu bilden. Egal in welchen Foren man sich tummelt, die Zahl der Pessimisten und Miesmacher ist hier in der Regel höher als die der Optimisten. Wem es gut geht, schreibt darüber nichts in Foren, vor allem wer unzufrieden ist und Verstädnis sucht, nutzt diese Medien.
Foren sind aber auch dafür da, Mitmenschen zu warnen und Misstände aufzuzeigen. Natürlich sind es vorallem Betroffene, die über Ungereimtheiten berichten. Keine Mensch schreibt in einem Verbraucherschutzforum, wenn er nicht vorher z.B. von einer dubiosen Firma abgezockt wurde. Warum auch!.

Aber in diesem Forum sind ja nach meinen Erfahrungen genügend Optimisten am Start und so kann sich offentlich jeder seine eigene Meinung bilden.

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June is on a distinguished road

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Datum: 30.12.2009
Uhrzeit: 15:33
ID: 36929



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #50 (Permalink)
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Ok...das klingt doch schon mal gar nicht so schlecht...
Ich werde auf jeden fall erst mal ein paar praktika machen um mich mehr zu informieren. ich hätte da aber noch eine frage:
Wie schwer ist es sich als architekt (vorallem architektIN) erfolgreich selbstständig zu machen? sind frauen da sehr benachteiligt?
Lg, June

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Datum: 30.12.2009
Uhrzeit: 21:10
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AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #51 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von June Beitrag anzeigen
Ok...das klingt doch schon mal gar nicht so schlecht...
Ich werde auf jeden fall erst mal ein paar praktika machen um mich mehr zu informieren. ich hätte da aber noch eine frage:
Wie schwer ist es sich als architekt (vorallem architektIN) erfolgreich selbstständig zu machen?
Es ist sicher schwierig, da Du unbedingt bezahlte Aufträge brauchst um einen Start zu schaffen. In fast allen Fällen spielen gute Kontakte oder ein starkes finanzielles Polster die entscheidende Rolle. Die Wenigsten schaffen es ohne diese Faktoren. Aber das ist auch in anderen Branchen üblich.

Zitat:
Zitat von June Beitrag anzeigen
sind frauen da sehr benachteiligt?
Jein, würde ich da als Mann sagen. In der Planung sind Frauen häufig akzeptiert und auf jeden Fall gleichberechtigt. Bei der Bauleitung, die ca. 50% vom der Gesamtmission ausmacht, haben sie oft noch zu kämpfen.

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Datum: 31.12.2009
Uhrzeit: 18:17
ID: 36947



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #52 (Permalink)
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in welcher hinsicht kämpfen?

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Datum: 03.01.2010
Uhrzeit: 00:52
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AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #53 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von June Beitrag anzeigen
in welcher hinsicht kämpfen?
Sich Respekt bei den Handwerkern, Unternehmern und anderen Fachleuten (hauptsähclich Männer) erkämpfen.
Ist nichts für Zartbeseitete.

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Datum: 03.01.2010
Uhrzeit: 21:51
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AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #54 (Permalink)
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dafür kann ich nur sagen,dass Frauen bei der Akquise im Vorteil sind.... lol

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Datum: 04.01.2010
Uhrzeit: 13:24
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AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #55 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von noone Beitrag anzeigen
dafür kann ich nur sagen,dass Frauen bei der Akquise im Vorteil sind.... lol


Würde ich nicht so sehen. Hängt aber sehr von der einzelnen Persönlichkeit ab.
Der Bauherr muß sich beim Architekten (fachlich) gut aufgehoben und sicher betreut fühlen. Optische Reize und nettes Geplaudere spielen doch eher eine untergeordnete Rolle zumindest wenn man direkt mit dem Eigentümer/Investor zu tun hat. Projektleiter oder Mitarbeiter in Führungspositionen, die nicht ihr eigenes Geld ausgeben, lassen sich da vielleicht eher beeinflussen.
Wenn das Gesamtpaket stimmt, ist es aber sicher kein Nachteil.


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Datum: 22.01.2010
Uhrzeit: 11:26
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AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #56 (Permalink)
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Hallo an alle,

habe in einem anderen Forum einen tollen Alltagsbericht über das Berufsleben eines Architekten gefunden. Weiß zwar jetzt nicht genau, ob ich ihn hier als Zitat veröfftentlichen darf, aber ich mach es jetzt gerad einfach mal, weil er so gut geschrieben ist. Wenn es rechtliche Bedenken gibt, werde ich ihn wieder löschen.


Zitat:
Von: leipziger

Mit 23 hatte ich mein Architektur FH-Diplom in der Tasche. Die Hochschule braucht nicht genannt werden, denn letztlich unterscheiden sich die Ausbildungen nicht wirklich. Gemeinsam haben sie jedoch eines: Sie sind viel zu künstlerisch (entwerfen, entwerfen, entwerfen.....) wohingegen Dinge z.B. betriebswirtschaftlicher Art, die im Beruf helfen würden, nicht angesprochen werden. Das Studium ist mir im Nachhinein gesehen leicht gefallen. Wir waren eine "Dreiergruppe", die zuverlässig an allen Themen dran blieb. Klar habe ich vor Tragwerkslehre-Klausuren wie verrückt gebüffelt, und Baustofflehre war trotzdem nur eine Drei minus. Und die Entwurfsnoten konnte ich freilich nicht immer nachvollziehen. Ich erinnere mich nicht, dass ich jemals eine Klausur hätte wiederholen müssen. Sei es drum.

Ich hatte schließlich offenbar das beste Diplom des Jahrgangs, jedenfalls erhielt ich den "Dekanspreis" (ein Buch und eine Urkunde). Direkt nach der Präsentation des Diploms fragte einer der Professoren (damals schon über 60 Jahre alt), den ich bis dahin nur dem Namen nach kannte, ob ich bei ihm arbeiten wollte. Am nächsten oder übernächsten Tag klingelte morgens um 9 Uhr - ich lang noch im Bett- das Telefon, und ein Mitarbeiter des Büros wollte einen Termin für das Vorstellungsgespräch abstimmen, ohne dass ich selbst irgendwie tätig geworden wäre.
Soweit, so gut, zwei Wochen später, Anfang August war mein erster Arbeitsstag in diesem "Spararchitekturbüro", damals in dem markantesten "Hochhaus" einer ca. 100km entfernten Großstadt. Ich bekam ein Gehalt von 4000 DM(!) brutto , damals ein Haufen Geld, wie ich fand. Es gab sogar Urlaubsgeld, an die Höhe erinnere ich mich nicht mehr. Weihnachtsgeld wurde letztlich nie gezahlt, obwohl dies im Vertrag "bei Betriebsüberschuss" vorgesehen war.

Ich war in einer Architektur-Fabrik gelandet. Alle anderen waren auch Berufsanfänger. Damals habe ich mir dabei natürlich nichts gedacht, ich fand es eher gut. Über uns wachte eine Projektleiterin, die man, wie ich erst sehr viel später gehört habe, aus bestimmten Gründen auch passend "Eule" nannte.
Ich fand in der neuen Großstadt, die ungelogen zu den hässlichsten Deutschlands gehört, eine günstige, wenn auch nicht besonders schöne Wohnung, so dass ich nicht mehr täglich meine 100 km mit dem Zug fahren musste. Am Wochenende fuhr ich weiterhin nach Hause.

Ich bearbeitete mit ca. 10 anderen ein Großprojekt in Süddeutschland. Jede Woche gab es eine Projektbesprechung, an der die Projektleiterin meist alleine Teil nahm. Zu diesen Terminen mussten immer aktuelle Pläne ausgedruckt werden. Am Vorabend gab es immer besonders viel Stress. Ich bekam immer mehr Themen auf den Tisch, unbezahlte Überstunden fielen jeden Tag an, die Kollegen kam und gingen. Zwischendurch drohten wir aus dem Projekt herausgeworfen zu werden, das Projekte drohte mehr als einmal aus politischen Gründen ganz zu scheitern. Zwischendurch musste ich in einem anderen Büro des gleichen Chefs Wettbewerbe schruppen. Vor den Wettbewerbs-Abgaben war auch hier totale Hektik, das ging soweit, dass ich einmal im Eifer des Gefechten beim Abholen von Plänen im Berufsverkehr bei Knallrot über eine Kreuzung fuhr - ich hatte mal wieder unerhörtes Glück. Die Wettbewerbe wurden von dem Professor selbst betreut. Hatte man einen Termin mit ihm z.B. um 17Uhr, konnte man sicher sein, dass er niemals vor 19 Uhr auftauchen würde. Sehr oft rief man an, und er kam dann z.B. erst um 20 Uhr und korrigierte einen dann noch 2 Stunden.
Nach 3 Monaten ging das große Projekt verschärft weiter. Bald sollte gebaut werden. Es wurden die Pläne weiter gezeichnet, geändert, mit den Fachplanern (Haustechnik) abgestimmt, ein halbes Jahr lang haben wir nur Schalpläne geprüft. Manchmal musste ich nun auch mit nach Süddeutschland, 600km mit dem Auto, ohne Übernachtung, ein Horror, vor allem, weil in den Beratungen ein ausgesprochen mieses Klima herrschte, immer. Wir wurden vom Bauherrn und Projektsteuerer beschimpft usw. Irgendwann prüften externe Rechtsanwälte unsere Planung, freilich war das Resultat, dass angeblich erhebliche Defizite festzustellen seien. Der Haustechniker wurde 2x gewechselt (Rausschmiss durch Bauherr).

Obwohl unser Büro mit der Bauleitung nicht beauftragt wurde (der Professor klagte dagegen), waren wir bis zur Fertigstellung mit dem Bau befasst. Erst in den letzten Wochen vor der Einweihung hörte die Flut von Anfragen auf. Immer wieder war angeblich die schlechte Planung, die wir Berufsanfänger verzapft hatten, schuld an allen Bauverzögerungen, Mehrkosten usw, usw. Unsere Projektleiterin kommunizierte uns das auch so, so dass wir immer mehr unter Druck gerieten. Ich zeichnete z.B. monatelang nur Deckenspiegel und stimmte diese Raum für Raum mit den Fachplanern ab. Aufgrund des Stresses wurde die Kommunikation mit den Kollegen und Kolleginnen nicht einfacher - wirkliche "Freunde" hatte ich unter den Arbeitskollegen nicht.

Schon vor Fertigstellung hielt ich es nicht mehr aus. Ich wollte zurück an die Uni, und noch einen Aufbaustudiengang machen. Mit Hilfe der Projektleiterin und der allgemeinen Tendenz, dass das Büro in diesem Projekt Mitarbeiterkosten einsparen musste oder wollte (wir hatten also angeblich uneffektiv gearbeitet) konnte ich meine Arbeitszeiten auf 3/4 reduzieren und mit der gewonnenen Zeit studieren. Meine Rechnung ging auf, in der Uni lief nach einer Eingewöhnungsphase auch alles bestens - ich machte mir dort überhaupt keinen Stress dort und kam (erstaunlicher Weise) mit meiner begrenzten Zeit und ein wenig Geschick (latente Arbeitsvermeidungstaktik) durch. Auf einmal hatte ich wieder eigene Kontakte, ich half anderen bei Kleinigkeiten und bekam dafür z.B. einmal von einem Kommilitonen als Dankeschön für eingesparte Reisekosten ein Buch geschenkt. Im Büro ging es drunter und drüber wie immer. In der Uni bekam ich aus dem Büro erboste Anrufe über angeblich falsche oder nicht fertige Dinge, und ich müsse sofort ins Büro kommen.... Ich war richtig froh, sobald ich in der Uni entspannt in der Vorlesung oder im Seminar saß. Das Geld, das ich nun weniger in der Tasche hatte, tat mir gar nicht weh, zumal die Abzüge ja auch anteilmäßig weniger wurden (Steuerklasse 1). Die neu gewonnene Freiheit war viel wertvoller.

Ein halbes Jahr, bevor ich das Aufbaustudium abgeschlossen hatte, gab es einen Crash im Büro. Eines sommerabends, es war schwül-heiss -eine gewisse Endzeit-Stimmung hatte sich aufgrund des nachlassen des Stresses mit Projekt-Fertigstellung schon breit gemacht- mussten wir alle zusammen zum Professor kommen. Uns 40/50 Leuten wurde erklärt, das Büro habe kein Geld und zu wenig neue Aufträge, am nächsten Tag würden Einzelgespräche über Entlassungen geführt. Mir war gleich klar, dass ich dabei sein würde. Ich schlief die ganze Nacht nicht, und war deswegen morgens ungewöhnlich früh im Büro, noch vor der Projektleiterin, die gewöhnlich um 7 Uhr kam. Beim reinkommen guckte sie mich ganz erstaunt an, ihr Blick sagte mir schon, dass ich dabei sein würde. Später rief sie mich dann zum Chef. Wieder hatte ich Glück: Man akzeptierte mich noch bis zum Abschluss des Aufbaustudium, dann müsse ich gehen. Dies hatte ich offensichtlich meiner Projektleiterin zu verdanken, die ich inzwischen überhaupt nicht ausstehen konnte -ob sie das nicht gemerkt hatte?!?!
Ich "vegetierte" also noch ein halbes Jahr vor mich hin, irgendwann bekam ich auch keine neuen Aufgaben mehr, musste keine Überstunden mehr machen, gab mir aber auch keine sonderliche Mühe mehr. Ich zeichnete jetzt in aller Ruhe ein Paar detaillierte Treppenhausschnitte. Während ich mich am Ende des Jahres ganz entspannt in den Weihnachtsurlaub verabschiedete, fochten am Nachbartisch zwei vielleicht 30-jährige Kollegen einen heftigen Kampf mit irgendeiner Fassaden-Ausschreibung für ein anderes Projekt in einem anderen Bundesland, die Projektleiterin immer streng beobachtend im Hintergrund.

Ich schrieb jetzt Bewerbungen, erhielt auf viele keine Antwort oder eine Absage. Bis ich dann zwischen Weihnachten und Neujahr, die Architekturbüro-Chefs hatten jetzt Zeit gefunden, an einem Tag gleich zwei Anrufe erhielt. Nach hin und her, ich bekam den Job in der näher gelegenen Stadt, der mir ohnehin mehr zusagte (dort suchte man gleich mehrere Architekten). Innerhalb kürzester Zeit machte ich mein zweites Diplom, machte im alten Büro, das inzwischen in den eigenen Neubau umgezogen war, einen auf nett und gab Kuchen aus, schob der Buchhaltung den Büroschlüssel unter der Tür durch und ging. Weshalb ich schon wieder einen Preis für das Diplom erhielt -diesmal war es "nur" einer von mehreren aus der zweiten Kategorie- weiss ich nicht so genau, und wie ich das geschafft habe, schon gar nicht. Genützt hat es bisher nichts, dann in der Bewerbung hatte ich dies bis dato nicht abgeschlossene Aufbaustudium aus taktischen Gründen verschwiegen.

Im neuen Büro ganz anderes Klima, die Chefs waren jungsche Typen. Direkt nach dem Bewerbungsgespräch habe ich gegenüber meinen Bekannten/Familie volle Kanne über die beiden gelästert, weil ich denen einfach nicht über den Weg traute. Dies stelle sich hinterher als absolut falsch heraus. Mit der tatsächlichen Freundlichkeit gegenüber den Mitarbeitern ging jedoch auf der anderen Seite eine gewisse "Naivität" gegenüber den Bauherrn einher.
Ohne auf die Details einzugehen: Jetzt entlarvten sich mehr und mehr die Bauherrn als das eigentliche Problem. In dem Beitrag weiter oben von "weasel vom 14. August 2009 16:03" ist dies vollkommen richtig beschrieben. Jedenfalls rutschte ich zwei/drei Jahre später, jetzt wieder in einer anderen Stadt, in die ich auf Wunsch des Bauherrn, der meinen Chef unter Druck setzte, gezogen war, in die Position eines Projektleiters für ein "kleineres" Gebäude, aber auch ein öffentliches Projekt. Mit dem jetzt gutartigen Chef im Hintergrund kämpfte ich gegen Windmühlen, so kam es wir jedenfalls vor. Alles in allem war es wieder ein sehr freudloses Arbeiten. Mein bester Mitarbeiter war ich selbst, zusammen mit einem (wechselnden) Studenten. Bauleitung musste ich zum Glück nur unterstützend machen, was aber dazu führte, mich auch noch hausintern immer wieder rechtfertigen zu müssen, weil ja nur ich die Historie kannte. Ich habe sozusagen alles aufgekehrt, was hinten runter fiel.
Nachdem dieses Projekt nun auch fertig ist, bin ich gewisser maßen "müde" geworden. Nicht dass ich mehr Zeit für was anderes hätte - es ist einfach eine Blockade im Kopf, über die ich nicht hinweg komme. Freude angesichts "schöner, fertiggestellter Projekte", wie diese in Architekturzeitschriften immitiert wird, mag sich einfach nicht einstellen. Zu deutlich sind die Spuren, die der ewige Stress und Streit hinterlassen haben.
Nachfolgeaufträge gibt es derzeit kaum, oder zumindest nicht im notwendigen Umfang. Ich bekomme mit, wie schwierig es ist, trotz Referenzen an geeignete Aufträge heran zu kommen. Ein großes Problem sind die von den Architekten im allgemeinen selbst propagierten Wettbewerbe, bei denen im Schnitt von mir geschätzt 80% der eingereichten Arbeiten erstellt werden, ohne dass die Büros jemals irgendeine Vergütung dafür erhalten hätten. Bauherrn lassen die Architekten am ausgestreckten Arm verhungern, so nach dem Motto, zeichne uns doch für dieses und jenes Grundstück mal einen Entwurf.... Nach dem 10. kostenlos angefertigten Entwurf fragt man sich doch mal, ob der Investor jetzt nicht endlich auch mal eines der Projekte realisieren müsste....
Als Planer sitze ich trotzdem quasi in der Mitte des jetzt sehr kleinen Büros, in dem ein kleines Projekt bearbeitet wird. Ich versuche mich dem ein wenig zu entziehen, weil ich den Stress einfach nicht mehr aushalte. Die Überstunden werden auch einfach nicht weniger, es häufen sich immer mehr an. Ich habe Resturlaub, noch und noch, aus vergangenen Jahren. Mir graut es immer vor den wöchentlichen Besprechungen mit dem auch in diesem Fall polemischem Bauherrn, der von sich glaubt, ein echter Sonnenkönig zu sein. Und doch ist er nur einer der vielen "mittelständischen Unternehmer", die von der Politik so propagiert werden. Vor allem graut es mir in diesen Runden vor den ständigen Schwanzvergleichen, wer welches Auto fährt, wie sein Haus neu gebaut hat, und warum Porsche-Fahrer bei Schnee mit der Straßenbahn fahren, Luxusprobleme, die mich nicht interessieren.
Immerhin habe ich jetzt eine schöne 2-Zimmer-Miet-Wohnung im sanierten Altbau in der Stadt, einen 14 Jahre alten Kleinwagen, der schön brav draussen auf der Straße parkt, weil ich ihn nur für weite Strecken benutze, und 200 EUR brutto mehr gegenüber dem Einstiegsgehalt (von vor ca. 9 Jahren) in der Tasche. Von Weihnachts- oder Urlaubsgeld war in diesem Büro noch nie die Rede. Meine Eltern verstehen das ganze nicht wirklich, und gegenüber dem Rest der Verwandtschaft, vor allem jenen aus Süddeutschland (Baden-Würtemberg) sollte man tunlichst über etwas anderes Reden.

Der Anfang der Geschichte ist nicht einmal 10 Jahre her. Manches mag klingen wie frei erfunden. Vielleicht denkt ihr auch, ich wäre nicht ganz dicht. Es sei euch unbenommen. Wen ich an die Zeit in dem ersten Büro zurückdenke, wird mir immer noch mulmig, ich fühle sofort wieder den entsetzlichen Druck, der täglich in der Luft hing.
Das Gehalt ist mir nebensächlich. Was nützt es, wenn du mit dem Stress und dem Umfeld auf Dauer nicht klar kommst. Die ersten Jahre hält man das aus, aber keine Jahrzehnte. Übrigens ist der Professor kürzlich erneut Vater geworden. Seine Projektleiterin hatte einen Schlaganfall und ist dann nicht mehr auf die Beine gekommen. Wie es ihr jetzt geht, weiss ich nicht.

-----

Sollte der Artikel zu unsachlich oder zu lang sein, oder nicht ins Konzept passen, darf er von den Moderatoren kommentarlos gelöscht oder verschoben werden.
Quellenachweis

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Datum: 22.01.2010
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AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #57 (Permalink)
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tja der Job als Architekt ist schon hart.In anderen Berufen hat man in gewissen Positionen auch punktuell mal Stress,z.B. bei der Bilanzierung am Quartalsende, Produktions oder Lieferfristen u.ä.

Trotzdem leiden wir Architekten enorm unter Dauerstress oder Existenzangst - genau wie im Artikel beschrieben. Das liegt meiner Erkenntnis nach an den mangelhaften Kenntnissen der betriebswirtschaftlichen Organisation der Büroinhaber. Es gibt auch positive Beispiele, die Masse hat aber einfach keine strukturierte Organisation, wie die Umsätze so einzusetzen sind, dass weder zu viel noch zu wenig pro Kopf zu bearbeiten ist. Viele Chefs schaffen es dazu auch nicht,konstant zu akquirieren, so dass eine konstante Lage erreicht wird. Meist besteht der Alltag aus ups und downs, Stress und Angst, so wie beschrieben.

Gute Strukturen findet man oft in grossen, routinierten Büros, die sich über die Jahre diese Strukturen erarbeitet haben.

Wir Architekten haben einen schweren Standpunkt, wer nicht mit dem Stress der Verantwortung und dem Termindruck zurechtkommt, wird es wohl auf Dauer nicht schaffen. Ob man diese Belastbarkeit hat, kann man aber auch schon im Studium ersehen. Prinzipiell muss jeder für sich überdenken, welche Arbeit individuell passt.

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Datum: 23.01.2010
Uhrzeit: 11:03
ID: 37299



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #58 (Permalink)
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Danke an Archiologe für die Veröffentlichung des interessanten Beitrags.

Der Beitrag von "leipziger" ist mit Sicherheit nicht frei erfunden und sollte von Architekturstudenten oder solchen, die sich über ein Architekturstudium Gedanken machen, aufmerksam gelesen werden.

Solche Storys sind im Architekturbereich sicher keine Einzelschicksale oder Ausnahmen, sondern eher die Regel. Es gibt Viele, die es schlimmer trifft und einige, denen es besser geht in diesem Job.
Die Geschichte von leipziger sollte aber ernstgenommen werden.

Alle die sich auf ein Architekturstudium einlassen, sollten wissen was sie erwarten kann.

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schwungrad is on a distinguished road

Beitrag
Datum: 24.01.2010
Uhrzeit: 02:15
ID: 37304



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #59 (Permalink)
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Ich persönlich halte Architektur für das schönste Studium überhaupt, egal ob an der Uni oder im Beruf. Insofern lohnt es sich für mich in jedem Fall.

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Beitrag
Datum: 24.01.2010
Uhrzeit: 12:39
ID: 37306



AW: Lohnt es sich heutzutage noch Architektur zu studieren? #60 (Permalink)
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Zitat:
Zitat von schwungrad Beitrag anzeigen
Ich persönlich halte Architektur für das schönste Studium überhaupt, egal ob an der Uni oder im Beruf. Insofern lohnt es sich für mich in jedem Fall.
Studierst Du denn noch oder hast Du schon Diplom und Job?

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